Kultur

Kokoschka, der Meister mit dem Skalpell

Was für ein Glück, dass Oskar Kokoschka mit Olda „die richtige Frau“ hatte, sagte launig Franz Smola von der Uni für angewandte Kunst Wien. Und dass sie ihr „Privatalbum“ mit 5000 Foto-Dokumenten zum bedeutenden Künstler der Moderne, der mit „OK“ signierte, der Angewandten hinterließ.

Malerei und Fotografie

Die erste große Kokoschka-Ausstellung seit Langem präsentiert eine Kombination: „Das Ich im Brennpunkt“ im Leopold Museum stellt 220 Fotos 32 Gemälden und 20 Zeichnungen und Lithografien bzw. Plakaten gegenüber.

Bei denen ist stets die Frage, sagt Leopold Museumsdirektor Tobias Natter: „Was ist noch Abbild? Und wo wird das gemalte Bild bereits zur Interpretation?“ Denn „OK“ war der „Porträtist, der hinter die Fassade blickte, der die Seele aufschlitzte. Und bei dem die Landschaftsbilder als ,Städteporträt‘ bezeichnet sind.“

Oskar Kokoschka: Die Fotografien

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„Er malt wie mit dem Skalpell“ und ziehe den von ihm Porträtierten gleichsam die Haut ab, meinte einst ein Zeitgenosse Kokoschkas.

Er war auch und vor allem ein begnadeter Selbstdarsteller, ein großer Star lange vor der Pop-Kultur. Er nutzte zwar das Medium Fotografie als Künstler selbst nicht, wusste sich aber stets gut in Szene zu setzen.

Die Nahaufnahmen der späteren Jahre zeigen das zerfurchte Gesicht eines Mannes als Faltenlandschaft. „Er blieb Expressionist und war als solcher an seinem eigenen Bild interessiert“, so Natter.

Für ihn faszinierend an Kokoschka ist „sein Facettenreichtum. Er war 1908 der Oberwildling und Bohemien,wurde von den Nazis als ,entarteter Künstler‘ verfolgt, war Humanist und Lehrer. Und immer war irgendwo eine Kamera dabei.“ Unter anderen die von so prominenten Fotografen wie Erich Lessing und Rene Burri.

„In theoretischen Schriften hat sich Kokoschka einerseits sehr negativ über die Fotografie geäußert“, erzählt Kuratorin Bernadette Reinhold von der Angewandten, „andererseits hat er sie praktisch immer für seine Popularität genutzt.“

Oskar Kokoschka: Die Gemälde

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Tristan und Prophet

Eine Schwierigkeit war, „die Eigen- und Fremdperspektive in der Schau zusammenzubringen“. Damit die strahlend farbigen Großformatgemälde die Schwarz-Weiß-Fotos – überwiegend inszenierte Aufnahmen neben einigen Schnappschüssen – nicht marginalisieren, hat man sie nicht nebeneinander, sondern jeweils konzentriert an einer Wand im Raum versammelt. Beabsichtigt war, „die Fotos genauso zu behandeln wie ein Schiele-Aquarell“.

Und Kokoschkas „Ich“?

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„Er hat im Lauf seines langen Lebens viele Rollen angenommen“, so Natter. „Dabei konnte er Märtyrer und Parsifal sein, vereinte Widersprüchliches und blieb stets lebendig, war Tristan und streitbarer Prophet, Gemarterter, säkularisierter Schmerzensmann und Weltenretter gleichermaßen.“

Was den Kunsthistoriker am gemeinsamen Projekt mit dem Oskar-Kokoschka-Zentrum begeisterte, „war die Möglichkeit, das Thema Fotografie im Leopold Museum noch pointierter zu positionieren als bisher“, so Natter. „Die Fotografie hat wie kein anderes Medium das visuelle Gedächtnis des 20. Jahrhunderts geprägt, weshalb es mir ein großes Anliegen ist, die Fotografie als Schwerpunktthema im Leopold Museum zu etablieren.“

Ausstellung

Oskar Kokoschka. Das Ich im Brennpunkt“ zeigt erstmals Fotos und Gemälde als Panoptikum einer Selbstinszenierung. Vom„Oberwildling“ bis zur „Schule des Sehens“

Wann & Wo

Bis 27.1. tgl. außer Di. 10–18 Uhr, Do. 10–21 Uhr, mit einem Kokoschka-Pass um 18 € kann man die Schau beliebig oft besuchen. Katalog: 29,90 €. www.leopoldmuseum.org
www.dieangewandte.at