Kultur

Körperwelten: Tote als Spiegelbild

Ein Gehirn baumelt an einer Stahlfeder, geöffnete Leichen lieben neben Organen. Willkommen bei der Ausstellung "Körperwelten & Der Zyklus des Lebens". Einige sprechen dabei von einem unwürdigen Schauspiel, andere haben damit weniger Problem. Gezeigt werden die Veränderung des menschlichen Körpers im Laufe eines Lebens. Im Naturhistorischen Museum stehen dafür 700 Quadratmeter zur Verfügung. Neben Abbildungen der menschlichen Anatomie in stilisierter Bewegung – etwa ein Balletttänzer beim Spitzentanz, ein Basketball-Spieler oder ein Liebespaar, das sich gerade umarmt – werden auch Alterserscheinungen oder Krankheitssymptome, wie etwa eine kaputte Hüfte, eine Raucherlunge oder eine Gehirnblutung, eindrucksvoll dargestellt.

„Meiner Meinung nach erkennen sich die Menschen in den ausgestellten Plastinaten wie nie zuvor“, erklärt Angelina Whalley, die Kuratorin und Ehefrau des Anatomen Gunther von Hagens. „Konfrontiert mit ihrem Innersten, nehmen sie ihren eigenen Körper nicht mehr als selbstverständlich wahr, was in einigen Fällen auch zu einem anderen, positiveren Umgang mit ihm führt“

Zuletzt waren die „Körperwelten“ 1999 in Wien zu Gast. Seitdem hat sich bei der Konservierung und Aufbearbeitung der Leichen jede Menge getan. „Die Präparate sehen heute deutlich lebendiger aus und sind im Vergleich zu früher in einer dramatischeren und lebensnaheren Situation abgebildet.“

Alle 200 gezeigten Exponate stammen von Menschen, die zu Lebzeiten verfügt haben, dass ihr Körper nach dem Ableben im Rahmen der Ausstellungen gezeigt werden soll. „Über 13.000 Körperspender sind derzeit im Programm des Heidelberger Instituts für Plastination. Wir haben so viele Interessenten, dass wir einen vorübergehenden Aufnahmestopp einführen mussten“, sagt Whalley.

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Körper spenden

Einer von ihnen ist der Wiener Hausbesorger Benjamin Amar. Auf die Frage, warum er sich entschieden hat, seinen Körper einmal zu spenden, antwortet er, dass ihm die Körperwelten 1999 so gut gefallen haben. „Ich wollte immer schon Organspender und niemals begraben oder verbrannt werden. Auch um meiner Familie die enormen Kosten eines Begräbnis sowie die aufwendige Grabpflege zu ersparen. Als ich die Ausstellung gesehen habe, war ich begeistert: Das war für mich einfach ästhetisch, wissenschaftlich fundiert und schön aufbereitet.“ Weltweit haben die „Körperwelten“ seit 1995 bisher mehr als 36 Millionen Menschen gesehen. Dennoch werden auch immer wieder Stimmen laut, die von Hagens Pietätlosigkeit vorwerfen. Der Anatom betonte hingegen immer, dass Einblicke in die Anatomie eines Lebewesen die Achtung vor selbigem keineswegs schmälern würden.