Kultur

Kirche ließ queere Ausstellung zu Liebe und Sex zusperren

Die Bilder zeigen unter anderem den früheren Papst Benedikt XVI. umgeben von homosexuellen Männern und eine Jesus-Figur, die diese beim Sex zu segnen scheint - eine Ausstellung mit Bildern des schwulen Filmregisseurs Rosa von Praunheim (80) in einer Nürnberger Kirche sorgt für Kritik und Empörung. Der Kirchenvorstand entschied deshalb, dass die Ausstellung in der evangelischen Kirche St. Egidien vorerst geschlossen bleibt.

Über das weitere Vorgehen werde nun intern abgestimmt, teilte der geschäftsführende Pfarrer Martin Brons am Mittwoch mit. Der Förderverein Christopher-Street-Day (CSD) Nürnberg, der die Bilder eigenen Angaben nach für die Ausstellung im Vorfeld des Demonstrationszugs Anfang August nach Nürnberg geholt hatte, bedauert die Entscheidung und hofft, dass die Ausstellung bald wieder geöffnet wird.

Sondersitzung

Die Ausstellung "Jesus liebt" war erst am Freitag vergangener Woche eröffnet worden. Wegen der vielen kritischen Reaktionen darauf kam der Kirchenvorstand am Dienstag zu einer Sondersitzung zusammen. "Bis zu einer abschließenden Klärung durch den Kirchenvorstand in den nächsten Tagen bleibt die Ausstellung nicht öffentlich zugänglich", teilte dieser anschließend mit. Zuvor hatten die "Nürnberger Nachrichten" und andere Medien über die Schließung berichtet.

"Wir stellen uns der Aufgabe, die entstandenen Verletzungen, die einzelne Bilder ausgelöst haben, ernst zu nehmen. Zugleich ist es auch unsere Aufgabe, in der weltoffenen Kulturkirche St. Egidien gesellschaftspolitisch und religiös herausfordernden künstlerischen Positionen Raum zu geben", begründete Brons den Schritt. An welchen Motiven sich die Kritik vor allem entzündet hatte, sagte er nicht und verwies auf eine Pressekonferenz, auf der sich der Vorstand nach einer Entscheidung äußern wolle.

Homosexualität im Christentum

Laut dem Informationsflyer zur Ausstellung sind die Bilder von Rosa von Praunheim alle in diesem Jahr und mit Blick auf den kirchlichen Kontext, in dem sie gezeigt werden, entstanden. Thematisch geht es um Liebe und Sexualität - vor allem auch Homosexualität - im Christentum. Drei Werke seien wegen "der explizit gezeigten sexuellen Aktivitäten" in einem geschützten Bereich hinter einem Paravent platziert worden, heißt es in dem Flyer.

Dass die Ausstellung stark polarisiert, zeigt sich auf der Facebook-Seite der Egidienkirche. Dort reichen die Kommentare von "Pornografie in der Kirche. Widerlich!" bis "Eine gute, eine wichtige Ausstellung, gerade in einer Kirche."

"Von Pornografie kann man überhaupt nicht sprechen", sagte Bastian Brauwer vom Nürnberger CSD-Vorstand mit Blick auf die Vorwürfe. "Klar ist Kunst oft überzeichnend und überspitzt." Den Beteiligten sei deshalb schon vor der Ausstellung bewusst gewesen, dass die in einer Kirche gezeigten Bilder für manche Leute eine Provokation darstellen könnten. "Jedoch wollen wir lediglich die Auseinandersetzung mit Sexualität, und in diesem Fall der Homosexualität, fördern", hieß es in einer Stellungnahme des CSD.

Hasskommentare

Beim Nürnberger CSD seien zahlreiche E-Mails aus ganz Deutschland mit Hasskommentaren und diffamierendem Inhalt eingegangen, sagte Brauwer. Viele beziehen sich ihm zufolge auf die immer gleichen Bilder, die in Internetforen kursierten. "Es gibt aber auch von Gläubigen sachlich dargebrachte Kritik, die sich in ihrem Glauben verletzt fühlen." Der CSD respektiere daher die Entscheidung des Kirchenvorstands, hoffe aber dass die Ausstellung nicht dauerhaft geschlossen bleibe.

Die evangelische Landeskirche in Bayern möchte sich zu der Angelegenheit nicht äußern. "Das ist eine Sache der Kirchengemeinde", sagte ein Sprecher. Auch die katholische Kirche in Nürnberg will nur grundsätzlich etwas zu dem Thema sagen. Es sei sehr wichtig über Sexualität und Liebe in der Kirche zu sprechen, erläuterte Sprecherin Elke Pilkenroth. Aber: "Man sollte die religiösen Gefühle der Menschen nicht verletzen und ihnen nicht vor den Kopf stoßen." Das gelte besonders für eine Ausstellung in einem Gotteshaus, der man sich während der Gottesdienste nicht entziehen könne.