Kultur

Keine "Krönung" und kein König

Es sind die treuesten Burg-Besucher: Jene Abo-Besitzer, die am Freitag gekommen sind, um die zweite Vorstellung von Hans Henny Jahnns "Die Krönung Richards III." zu sehen. Sechs Stunden Castorf – trotz Frühlingswetters. Doch kurz vor Beginn bestätigen sich Gerüchte: Die Vorstellung ist abgesagt, mehrere Schauspieler hätten keine Stimme. Viele sind enttäuscht, ein Besucher spricht von "Kasperltheater".

Als ob das Haus nicht schon genug geplagt sei von den aktuellen Turbulenzen, ist wieder Krisenmanagement gefordert. Die Karten würden ersetzt, heißt es, zum kurzfristigen Trost hält Martin Wuttke eine Lesung aus Jahnns "Marmeladenesser". Ein Herr meint, er ziehe seinen Hut vor der raschen Reaktion. Er und seine Frau sind, wie rund 150 andere Theaterliebhaber, geblieben, um Wuttke zu hören. Sie mögen die Burg, "trotz allem". Den Ausfall des Stückes wollen sie nicht mit den Problemen im Haus verbinden. "Das ist etwas Schicksalhaftes".

Besonders unter Hartmann hätten sie das Theatergehen geschätzt. "Was uns geboten wurde – alle Achtung!" sagt sie. "Wir sind traurig." Ihr Mann hat "die Sorge, dass jetzt aus falsch verstandenem Sparsinn die Kunst mit dem Bade ausgeschüttet wird".

Heftig

Gegen Sparen ist auch eine andere treue Besucherin: "Was man im Theater beim Fenster rausschmeißt, kommt bei der Tür wieder rein." Sie plädiert für eine Zwischenlösung mit Karin Bergmann, "sie kennt das Haus". Auch sie war mit Hartmann zufrieden. "Aber wenn es für die Schauspieler so unerträglich war, kann ein Schnitt gut sein."

Ein weiterer Abonnent findet die Situation "schon heftig". Er kann sich vorstellen, "dass Hartmann speziell auf die künstlerische Linie geschaut hat und weniger auf seine kaufmännischen Pflichten". "Mich wundert nur, dass sich Herr Springer so aus der Affäre ziehen kann", meint seine Ehefrau. Generell hofft man auf Kontinuität bei dem "super Ensemble".

Autor Franzobel hatte sich auch auf die Vorstellung gefreut. Er habe eben mit einem befreundeten Schauspieler telefoniert. "Er steht so neben den Schuhen, dass er gar niemanden sehen will. Es ist wahrscheinlich eine Stimmung im Angesicht einer Katastrophe". Nicht zuletzt diese Stimmungslage im Ensemble habe Hartmann das Genick gebrochen, findet er.

"Der König ist tot – es lebe der König", sagt ein Mitarbeiter des Hauses, als sich die Tore wieder schließen. Der Burg-Tanker wird in Bewegung bleiben. Aber ob es nicht länger bis zum neuen "König" dauern werde als im alten Frankreich? Antwort: "Hier ist es etwas komplizierter als im Staat".