Ausstellung: Eine Geschichte der Extreme
Für Danielle Spera war die Eröffnung der neuen permanenten Ausstellung im Jüdischen Museum Wien (JMW) nach zweieinhalb Jahren Entwicklungsarbeit am Montag „ein Tag der Freude“. Die Schau „Unsere Stadt!“ erzählt „eine Geschichte der Extreme“, sagt Kurator Werner Hanak-Lettner, „die in 800 Jahren Brüche und Leerstellen aufweist.“ In der Menschen ausgegrenzt, verfolgt und vertrieben wurden. Und in der die Rückkehr nach 1945 die Ausnahme war. „Weil es in Wien kein Haus der Geschichte gibt, was ich sehr bedaure“, so Spera, „brechen wir dieses Vakuum auf. Wichtig war uns, die Darstellung der Wiener jüdischen Geschichte nicht mit 1938 oder 1945 zu beenden, sondern als Neuanfang zu sehen.“
Zeitgeschichte
Im Erdgeschoß wird ab dem Jahr 1945 von der fast gänzlich vernichteten jüdischen Gemeinde berichtet, die vor der Schoah die größte deutschsprachige und drittgrößte in Europa war. Sie hat sich gegen den Widerstand der österreichischen Nachkriegspolitik allmählich wieder zu einer kleinen, aber vielschichtigen und lebendigen Gemeinde entwickelt. Spera: „Politiker aller Couleurs haben sich noch nach 1945 alles andere als freundlich über die Juden geäußert.“ Österreichs Nachkriegspolitik sei an einer Neueinwanderung überhaupt nicht interessiert gewesen. „Sicherlich würden wir es nicht zulassen, dass eine neue jüdische Gemeinde aus Osteuropa hierher käme und sich hier etabliert, während unsere eigenen Leute Arbeit brauchen“, befand etwa Bundespräsident Karl Renner.
Im zweiten Stock wird die jüdische Geschichte Wiens vom Mittelalter bis zur Schoah erzählt. In ihrer fotografischen Rauminstallation „The Shabbat Room“ rekonstruiert und reinterpretiert die israelische Künstlerin Maya Zack die „Gute Stube“, die Isidor Kaufmann 1899 für das erste Jüdische Museum entworfen hat. Das JMW besitzt noch wenige Objekte und eine Foto-Dokumentation vom Raum, der 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde.
Zum Jubiläum – 25 Jahre (Wieder-)Gründung des Museums und Einzug ins Palais Eskeles vor 20 Jahren – gibt es bis 24. November zahlreiche Veranstaltungen von Filmpräsentationen bis zu Lesungen und Diskussionen.
Sanierung und Neupositionierung des Hauses in der Dorotheergasse seien nun abgeschlossen, sagt Spera, die – in Nachfolge von Wilfried Seipel – gerade erst zur neuen Präsidentin von ICOM-Österreich gewählt wurde, der Organisation für Museen bzw. Museumsfachleute.