Kultur

Grisham: Kein Sieger vor Gericht

War schon gut, dass die Kritiker bei jedem seiner Bestseller geschrieben haben, die Romane seien alle gleich. John Grisham konnte richtig wütend werden, wenn er so etwas las. Aber es hat gefruchtet. Nehmen wir die vergangenen Bücher: „Das Geständnis“ – ein Gefängnisdrama, eine Thriller gegen die Todesstrafe, sozialkritisch in der guten Tradition eines Upton Sinclair. Danach „Verteidigung“ – gar nicht spannend diesmal, sondern zum Schmunzeln, die Verrücktheit einer kleinen Anwaltskanzlei, einen Pharmariesen mit der völlig unbegründeten Behauptung zu klagen, sein cholesterinsenkendes Medikament führe zu Schlaganfällen. Danach „Home Run“, eine süße Baseball-Geschichte über einen Ball, der ins Auge ging – kann man vergessen. Und seit Montag wird Roman Nr. 30 in den heimischen Buchhandlungen aufgetürmt, „Das Komplott“. Selten sagt jemand „das“ Komplott (lieber das Kompott), so richtig kann der Artikel gar nicht sein. Der Duden erwähnt immerhin die Umgangssprache mit „der“. Der Originaltitel heißt „The Racketeer“, also Erpresser, Gauner, unsauberer Geschäftsmann. In den USA war „The Racketeer“ im Vorjahr eines der zehn meistverkauften Bücher. Was ist diesmal anders am Roman des mittlerweile 58-jährigen ehemaligen Strafverteidigers? Die Raffinesse. Die Überraschungen sind es, die Haken, die geschlagen werden.

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Schwarzer Held

Erster Satz: „Ich bin Anwalt und sitze im Gefängnis.“ Er habe schon so viele Leute hinter Gitter gebracht, so Grisham im Interview, es sei interessant gewesen, erstmals jemanden aus den Reihen der Justiz einzusperren, sozusagen. Malcolm Bannister, der noch fünf von zehn Jahren abzusitzen hat, ist ein Schwarzer. Grishams Fans verlangen seit Jahren einen schwarzen Helden, also bitte sehr, da haben sie ihn. Grisham ist die Hautfarbe völlig egal. Hier spielt sie kaum eine Rolle; außer, wenn an die 1970er-Jahre erinnert wird, als kein Weißer einen schwarzen Anwalt beschäftigen wollte. Und die Schwarzen dachten, weiße Anwälte wären besser. Im neuen Justizthriller, in dem kein strahlender Sieger den Gerichtssaal verlässt, erzählt der Gefangene Malcolm Bannister, wie er wegen eines Wirtschaftsverbrechens verurteilt wurde. Opfer einer Verschwörung. Schuldlos. Er bleibt aber nicht das ganze Buch über im Gefängnis. Sondern kommt frei, bekommt ein neues Gesicht. Denn: Ein Bundesrichter ist ermordet worden, mitsamt seiner Geliebten. Und Bannister sagt dem FBI, er kenne Mörder und Motiv. Um Uran geht’s auch.

Schon im Oktober erscheint in den USA John Grishams 31. Roman, „Sycamore Row“ – eine Geschichte über den Rassismus in Amerikas tiefem Süden; und das könnte die Rückkehr zum Alten bedeuten, zu seinem ersten Bestseller aus 1989, „Die Firma“.

John Grisham - „Das Komplott
Übersetzt von Bea Reiterund Imke Walsh-Araya. Heyne Verlag. 447 Seiten. 23,70 Euro.
KURIER-Wertung: **** von *****