Kultur

Beim Baseball ist das Göttliche nicht weit

Er war schon einmal lieb und süß. 2008, als US-Bestsellerautor John Grisham mit „Touchdown“ überraschte:

Der Roman war kein Justizthriller, sondern präsentierte einen amerikanischen Footballspieler, der nach vielen Fehlpässen nach Parma strafversetzt wird und dort, bei den wirklich existierenden Parma Panthers, seine Karriere beendet.

Musik von Verdi hat der Sportler bei dieser Gelegenheit auch kennengelernt.

„Touchdown“ überraschte auch deshalb, weil John Grisham eigentlich von einem anderen Sport begeistert ist. Von Baseball. Als Kind träumte er von einer Baseballkarriere; und später – nach dem Erfolgsbeginn mit „Die Firma“ (1991) – von einem Buch über Strikes, Hits, Line-Outs und Foul Balls.

Allein, ihm fiel keine passende Geschichte ein.

Vielleicht dämmerte es ihm, als er von John Irvings tödlichem „Owen Meany“-Schlag gelesen hatte.

Wahrscheinlich musste er sich erst ins Leben Ray Chapmans vertiefen.

Normalerweise ist so: Trifft ein Werfer den Schlagmann mit dem Lederball am Körper, so ist der Ball – wie man so sagt – tot.

Nicht aber am 17. August 1920, denn damals fiel der Schlagmann tot um. Chapman von den Cleveland Indians war am Kopf getroffen worden.

Erst viel später führte man die Helmpflicht ein.

Calico Joe

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Der eben erschienene Roman Grishams, von dem insgesamt bisher 275 Millionen Bücher weltweit verkauft wurden, heißt „Home Run“ und handelt von einem beinahe ebenso fatalen Augenblick während eines Spiels.

Im Original heißt er „Calico Joe“, das ist der Spitzname eines fiktiven College-Spielers, der 1973 als Jahrhunderttalent galt – bis ihn ein Ball am Auge traf.

„Home Run“ vermischt Erfundenes mit Baseball-Wirklichkeit, und obwohl sich Grisham im Nachwort sehr bemüht, die Regeln halbwegs zu erklären, ist es gar nicht wichtig, einen Knuckleball von einem Screwball unterscheiden zu können.

Weil „Home Run“ hauptsächlich eine süße Vater-Sohn-Geschichte ist.

Der Vater, der 35 Jahre nach dem Unfall im Sterben liegt, war jener höchst mittelmäßige Spieler, dessen Wurf Calico Joes Leben zerschmettert hatte.

Sein Sohn, damals im Stadion anwesend, macht sich auf die Suche nach demjenigen, der einst ein Held war; auch sein persönlicher Held – im Gegensatz zum eigenen Vater.

Keine Ahnung, warum das so ist: Dieser Sport wird in Film und Literatur gern dazu verwendet, von Gott zu erzählen. So macht es auch Grisham. In zwei Lesestunden ist das Buch „erledigt“.

KURIER-Wertung: **** von *****