Kultur

Mit letzter Kraft zum Pornoheft

Reden wir zur Abwechslung einmal darüber:

Kauft man seiner Ehefrau ein sehr buntes T-Shirt mit Roy Lichtensteins berühmter Blondine, dem roten Mund und der Sprechblase "Vicki! I -- I Thought I Heard Your Voice"

... und sie freut sich sehr, dass das Geschenk diesmal nicht bloß grau ist (wie sonst immer), sondern eng, glitzernd, jung.

Aber ihr piepsiger Ehemann, der ist, als sie es stolz anzieht, mit einem Mal peinlich berührt: Weil sie, die Ehefrau, ja doch schon 55 ist, und da sollte man vielleicht doch nur grau ...

Ein seltenes, ein böses, ein gutes Thema für eine Kurzgeschichte. Johannes Gelich, der Salzburger, der in Wien lebt, hat sich damit scharfsinnig beschäftigt.

Zuletzt stellte er im Roman "Wir sind die Lebenden" die großartige Frage:

Ist es denn in Ordnung, dass man faul im Bett liegt und Ommm und Aummmm singt, anstatt wenigstens ab und zu aufzustehen und endlich einmal die Wohnung zu lüften?

Zugrunde gehen

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Auch in seinem Kurzgeschichtenband "Das T-Shirt meiner Frau" sind es oft müde, traurige, einsame Männer, die ihre Wohnung ungern verlassen; und wenn sie es doch tun, dann nur, um eine andere Wohnung zu mieten bzw. um zum Friseur zu gehen (und einem anderen Kunden zuzuhören) bzw. um in die Nachbarwohnung zu schleichen, um dort ein Pornoheft zu holen.

Immer scheint alles unter dem Lebensmotto zu stehen: Man kann so oder so zugrunde gehen, aber man geht zugrunde.

Kann schon sein, dass Johannes Gelich dynamischere Literaturkritiker damit in Verzweiflung bringt.

Hier aber ist er ganz gut aufgehoben.

KURIER-Wertung: