Der Versuch, einen Thriller zu twittern
Von Peter Pisa
Sie ist bekannt dafür, dass sie riskant schreibt. 2012 konnte man von der 50-jährigen Jennifer Egan aus San Francisco lesen, wie gnadenlos schnell das Leben überhaupt und speziell im Rock-Business vorbeigeht („Der größere Teil der Welt“) – ein Konzeptalbum gewissermaßen unter der Patronanz von Iggy Pop und dem Song „The Passenger“ ... „Ich bin ein Passagier / und ich fahre und ich fahre / ich fahre ans Ende der Stadt“.
Dafür gab es – den Pulitzer-Preis; und danach kam die Lust auf einen literarischen Text, der sich für Twitter eignen würde.
Jennifer Egan: „Es hat etwas sehr Intimes, Menschen über ihre Handys zu erreichen, und mit 140 Zeichen kann erstaunliche Poesie entstehen.“
Black Box
Der New Yorker hat nach dem Twittern die Kurznachrichten gebündelt veröffentlicht, zurzeit sorgt die deutsche Übersetzung „Black Box“ in Buchform für Aufsehen (Schöffling Verlag, übersetzt von Brigitte Walitzek, 10,30 Euro).
Die Geister scheiden sich. Extrem. Der Spiegel ernennt „Black Box“ zum „kleinen Meisterwerk“, es gibt aber auch Stimmen, die von „Wortdurchfall“ sprechen.
Botschaften bzw. Anleitungen einer Agentin aus der Zukunft sind es geworden, die am Mittelmeer im Einsatz ist. Jennifer Egan nahm sich Fortsetzungsgeschichten zum Vorbild, wie sie früher für Zeitungen verfasst wurden.
Sprachlich ist sie jedenfalls stark: Muss die Agentin Sex haben, will aber dabei abwesend bleiben, so lesen sich die Tweets so: „Schließ die Augen und zähle langsam von zehn rückwärts.
Stell dir bei jeder Zahl vor, dass du dich von deinem Körper löst und jeweils einen Schritt weiter von ihm entfernst.
Bei acht solltest du dich knapp außerhalb deiner Haut befinden ...
Bei eins sollte dein Geist so frei umherschweifen, dass dich nicht mehr interessiert, was sich unter dir abspielt.
Weiße Wolken ziehen majestätisch dahin ...“