Kultur

Jazzfest Wien: Zwischen allen Stilen

Seine Phrasen, Läufe, Riffs haben viele Nachahmer. Aber er selbst und sein eigenwillig verzerrter, un­ebener Gitarren-Ton bleiben einzigartig: Bei John Sco­field, dem Blues-Verehrer mit dem hinreißenden Laid-Back-Feeling, ging es Samstag im Rathaus-Arkaden­hof auch nicht darum, ein großes Ego an die Rampe zu stellen, sondern vor allem ums Interplay im Quartett.

Scofields herber, ironisch verstockter Sound und seine wirkungsvoll kompakte Art zu grooven sind seine Trademark. Originell und ein bisschen eigenbrötlerisch, komplex und sehr eigenwillig jongliert der Amerikaner mit allen Stilen. Und weil "Sco" niemandem mehr etwas beweisen muss, stellt er gern den Guitarrero Kurt Rosenwinkel und sein großes Talent ins Spotlight: dessen betont lyrischen, emotionalen, melodischen Ton. Beide demonstrieren wunderbar die Kraft einer zurückhaltend virtuos gespielten Jazzgitarre. Da klingt auch ein populärer Standard wie "Moonlight in Vermont" frisch und völlig süßstofffrei.

 

Zuckerinsel ohne Zucker

Apropos: Nach der Pause geht die Reise auf der Klampfen nach Kuba. Aber ebenfalls ganz ohne Zucker. Denn Marc Ribot und seine "Los Cubanos Postizos" muss man mit einem Augenzwinkern sehen. Schließlich heißt das Langzeitprojekt nichts anderes als "Kubaner mit Prothese".

Wie Ribot, einer der originellsten Gitarristen seiner Generation, sind alle Sidemen alte Weggenossen und Veteranen der Manhattaner experimentellen "Downtown"-Jazz-Szene. So serviert Ribot, der kratzbürstige New Yorker und postmoderne Polystilist, seinen ureigenen Karibik-Sound ohne Anbiederung, ohne Klischees. Und über dem Mix aus Latin, Son, Jazz, Rock und Noise tanzt, zittert, flirrt und flimmert die Gitarre wie eine Fata Morgana.

KURIER-Wertung: **** von *****

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