Kultur

Jazzfest: Voodoo & Russkaja aus New Orleans

Jetzt muss ich einmal schauen", sagte Jazz-Fest-Wien-Veranstalter Fritz Thom Donnerstag im Rathaus-Arkadenhof, "ob er wieder einen Totenkopf auf dem Klavier stehen hat."
Malcolm John Mac Rebennack Junior, besser bekannt als Dr. John, hatte.

Ohne Voodoo geht's beim exzentrischen 70-Jährigen, adjustiert mit lila Sakko, geflochtenem Zopf unter dem Strohhut, dunkler Sonnenbrille, bunten Halsketten und soulschwangerer Stimme, nicht ab. Er steht für den Sound von New Orleans wie der Eiffelturm für Paris und kreiert live wie auf seiner CD "Tribal" ein erdiges Südstaaten-Gebräu aus R & B, Psychedelic Rock, Jazz, Voodoo, Rock'n'Roll und Soul.

Im Gepäck hatte Dr. John diesmal neben Hits wie "Right Place, Wrong Time" vor allem Traditionals, scharf gewürzt mit Funk, und viel vom für ihn typischen lässigen aber zwingenden Groove. Für "Let The Good Times Roll" griff er auch in die Saiten der Gitarre. Aber "Such A Night" - der Titel der Zugabe - war der Gedanke, der sich einem schon am Anfang dieses pittoresken Auftritts aufdrängte.

Junge Generation

Nach der Pause: Funk mit Posaune. Unglaublich kraftvoll, spritzig, dynamisch. Ganz im Sturm und Drang: Troy "Trombone Shorty" Andrews, der mit seinem Gute-Laune-Sound alles und jeden an die Wand bläst.

Der 25-jährige Jung-Star auf der Posaune, der für seinen Stil die Vokabel "Supafunkrock" bemüht, und seine "New-Orleans-Avenue"-Band spielen, als ginge es um ihr Leben.
Sie knallen gnadenlos in die Ohrmuscheln wie Russkaja vom Mississippi. Mit schnellen Soli, harten Grooves und scharfen Bläsersalven wird aufs Tempo gedrückt. Seinen Gumbo kocht
Trombone Shorty nicht nur mit den New-Orleans-typischen Ingredienzien, sondern er würzt die Melange auch noch mit einer Prise Balkan, Latin, Soul oder einer exaltierten Rockgitarre.
Bereits 2005 begleitete der Zampano auf der Posaune Lenny Kravitz auf Welttournee. Und der Superstar revanchierte sich mit einem Gastspiel bei Trombone Shortys erstem und höchst erfolgreichem Studioalbum "Backatown" (Universal). Der Titeltrack, ein funkedelischer Sektkorkenknaller, geht auch live ab wie eine Rakete und ist zugleich der Höhepunkt des fulminanten Auftritts. Denn irgendwann läuft sich jede Kraftlackelei tot.

KURIER-Wertung: **** von *****

Fazit: Ein Altmeister und ein Jungspund

Besetzung: Ein alter Mann mit Strohhut und ein Youngster im Ruderleiberl im Doppelkonzert. Beide kommen aus New Orleans, aber aus unterschiedlichen Generationen.

Show: Zum Image von Altmeister Dr. John als Voodoo-Beschwörer passte ein Totenkopf auf dem Piano. Trombone Shorty ist der Chef-Koch einer perfekt eingespielten Sechs-Mann-Küchencrew: Die kocht einen beispiellosen Mix aus Rock, Funk, Jazz, Hip-Hop und Soul, mit dem sich der 25-Jährige seinen ureigenen Sound geschaffen hat: Supafunkrock.