Kultur

Jazz-Bassist Charlie Haden mit 76 verstorben

Sein Kontrabass war wie ein Schiff, das bedächtig auf dem Fluss der amerikanischen Musiktradition segelte. Sein Gespür für musikalische Zusammenhänge suchte seinesgleichen und machte Charlie Haden zu einer der großen Figuren der Musikwelt. Am Freitag ist Haden 76-jährig an den Spätfolgen einer Kinderlähmung, die er sich als Teenager zugezogen hatte, gestorben.

Musik hatte den Spross einer Familie aus Iowa, die singend durch Country-Shows tingelte, sein Leben lang begleitet. Als Haden 1951 den Saxofonisten Charlie Parker hörte, wandte er sich dem Jazz zu. In der Band von Ornette Coleman entwickelte Haden die Kunst des freien Zusammenspiels: Mit dem Trompeter Don Cherry, dem Schlagzeuger Billy Higgins und Coleman selbst spielte er auf dem epochalen Album "The Shape of Jazz to Come" (1959); bei dem Album "Free Jazz" (1961), das der Spielweise eine Stilbezeichnung aufprägen sollte, war Haden ebenfalls dabei.

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Auch mit dem Pianisten Keith Jarrett verband Haden eine fruchtbare Zusammenarbeit. Ab 1967 war Haden Teil von Jarretts Trio, das duch den Saxofonisten Dewey Redman 1971 zum so genannten "American Quartet" erweitert wurde; es bestand bis 1976. Viel später trafen sich Jarrett und Haden wieder. Das eben erst erschienene Album der beiden - nachgerade prophetisch "Last Dance" betitelt - geht wie schon das Album "Jasmine" (2010) auf eine Reihe von Aufnahme-Sessions im Jahr 2007 zurück.

Seine eigene Klangwelt entwickelte Haden mit dem „Quartet West“, das sich auch an der Tradition oder dem „Liberation Music Orchestra“, das er auch als politisches Sprachrohr verstand: Denn bei allem US-Patriotismus blieb Haden ein erbitterter Gegner konservativer Politik von Nixon bis Bush. "Not In Our Name" (nicht in unserem Namen" hieß das letzte Album dieses Ensembles, das 2005 als Reaktion auf den Irakkrieg entstand.

Avantgarde & Sanftmut

Obwohl Haden als "Ikone des Avantgarde-Jazz" bezeichnet wird und mitunter in sehr bewegten, "wilden" Konstellationen musizierte, war er doch auch ein großer Melodiker, der auf der Bühne Sanftmut versprühte und in sich zu ruhen schien. Seine Verbindung zur Country- und US-Roots-Musik kappte er ebenfalls nie, wie u.a. das grammygekrönte Duo-Album mit dem Gitarristen Pat Metheny, "Beyond The Missouri Sky" (1997) zeigte.

2008 veröffentlichte Haden "Rambling Boy", ein reines Country- und Bluegrass-Album mit seinen musizierenden Kindern, dem Songwriter Josh Haden und dessen Drillings-Schwestern, die als The Haden Triplets gemeinsam auftreten. Von diesem Album stammt auch der Song "Spiritual". Der darin ausgedrückte Wunsch, nicht allein sterben zu wollen, wurde Charlie Haden erfüllt: Wie das Label ECM mitteilte, waren seine Frau Ruth und seine Kinder bis zuletzt bei ihm.

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