Kultur

Jack White: Wenn die Zugabe Höhepunkt ist

Konsequent unkonventionell. Das ist wohl die treffendste Bezeichnung für das Konzert von Jack White im Wiener Gasometer. Denn bei dem Amerikaner, der mit den White Stripes und dem Hit "Seven Nation Army" berühmt wurde, läuft nichts in gewohnten Bahnen.

Das beginnt schon beim Licht: Weil der Abend – neben ein paar Ausflügen ins Country-Genre – ganz dem rohen, harten Blues gewidmet ist, gibt es dabei permanent nur die Farbe Blau. Egal, es passt. Denn das ist ohnehin keine Show, sondern ein Konzert – so richtig schön altmodisch, wie man es heute nur mehr von Live-Alben aus den frühen 70er-Jahren kennt: Sich mit den Musikern auf die Bühne stellen, drauflos spielen und sehen, wo es hinführt.

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Das ist ein Konzept, das White auf die Spitze treibt, anfangs sogar leicht übertreibt. Nachdem er mit ein paar harten Blues-Krachern losgelegt hat, ist er schnell beim Improvisieren. Wie ein Diktator dirigiert er die Musiker, zeigt auf den, der solieren soll, oder sagt die Akkorde an, über die er selbst ein Gitarren-Solo legen will.

Dazwischen hält er Monologe, plappert über die Konserven-Sounds von Lady Gaga und Katy Perry. Oder er lehnt die Gitarre an den Verstärker, lässt den dröhnenden Rückkopplungs-Sound ewig stehen, bevor er die nächste Idee hat: Die Musiker sollen zeigen, wie unterschiedlich man ein Riff in Detroit (seiner Geburtsstadt) und Nashville (seiner Wahlheimat) spielt.

Vielfältig

Dazwischen gibt es aber schon auch Songs. Allerdings pfeift der 39-Jährige auch bei der Setlist (wenn es denn eine gibt) auf Konventionen. Im Sommer hat er das Album "Lazaretto" veröffentlicht. Jeder andere würde diese neuen Songs spielen, um die Platte zu bewerben.

Jack White aber stellt die Songs der White Stripes in den Mittelpunkt, ersetzt seine damalige Partnerin Meg mit Drummer Daru Jones und der singenden Violinistin Lillie. Dazu spielt Fats Kaplin Steel-Gitarre, Geige und den Theremin, trägt einiges zum vielfältigen Klangbild bei.

Trotzdem ist man vor der Zugabe erstmal enttäuscht: Kaum eine Stunde war White auf der Bühne. Aber er kommt ja wieder. Und offenbar jetzt erst in Fahrt. Nach und nach steigert er sich in einen Spielrausch: Mehr Improvisationen, aber auch mehr und mehr Songs der White Stripes. "Aufhören oder weitermachen?", fragt er – als die Zugabe schon länger als der erste Teil gedauert hat. "Weitermachen", plärren die Wiener. White gehorcht – mit "Steady As She Goes" von den Raconteurs, einem Hank-Williams-Cover und akustischen Songs, bei denen sich alle in schönstem Country-Stil dahinfiedeln.

Dann steht White schelmisch grinsend da. Er weiß, wie das wirken wird, was jetzt kommt: Das Riff von "Seven Nation Army" schickt endgültig alle in den Rock-Himmel. Am Ende ist es kurz vor Mitternacht und die Zugabe hat fast doppelt so lang wie der "Hauptteil" gedauert. Das gab es nicht einmal in den 70ern, als es noch bei jedem Rock-Konzert um das Spielen und nicht das Vorführen der Musik ging.

KURIER-Wertung: