Ist es ein Fehler, nicht lügen zu können?
Von Peter Pisa
Eine Wiederentdeckung aus dem 1964er-Jahr. Angeblich eine Satire, ist aber eher ein Märchen, zu lieb, zu naiv gehalten: Karlchen war auf der Psychiatrie eingesperrt gewesen und flüchtete. Er kann nämlich nicht lügen. Ein Geburtsfehler, sagt er entschuldigend. Und: "Ich glaube allen alles, wenigstens zuerst, und dann gibt’s hinterher immer Schwierigkeiten."
So geht das nicht, Karlchen wird im Buch mehrmals gewarnt: Er sei gefährlich, weil nicht von dieser Welt. Er unterschlage die Lüge und verfälsche damit das Leben. Die Wiener Verlegerin Vanessa Wieser sagt: "Wir lernen, dass man es Karlchen nicht unbedingt nachmachen soll, denn so macht man sich keine Freunde. Ehrlich zu sein, das hat seinen Preis. Wie alles ."
Wieser rückt den deutschen Dramaturgen, Schriftsteller und späteren Literaturagenten Heinz Liepman wieder nach vorne. Liepman hat 1933 öffentlich gegen die Diskriminierung jüdischer Autoren protestiert. Seine Bücher wurden verbrannt, er überlebte im Exil.
Heinz Liepman:
„Karlchen oder Die Tücken der Tugend“
Milena Verlag. 280 Seiten. 23 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern