Kultur

Isabel Allende: "Können junge Leute lieben?"

Isabel Allende ist zurück bei der Liebe.

Nach ihrem Krimi "Amandas Suche", in dem sie im Vorjahr in Serie mordete und sich austobte (und alle sehen konnten, nein, der Kriminalroman ist nicht ihre Stärke), ist sie wieder dort, wo die meisten ihrer Leser sie haben wollen.

Die 73-Jährige ist seit dem Debüt "Das Geisterhaus" (1984) Suhrkamp-Autorin. Was gern belächelt wird, auch diesmal stimmt die eine oder andere Formulierung ... heiter: Zum Beispiel, wenn sie über alte Menschen schreibt, die keine Zähne mehr im Mund haben – und von einer Altenbetreuerin, die plötzlich "in aller Munde" ist.

Kein Risiko

Isabel Allende und die Liebe: Erstens ist sie seit Kurzem von Willy Gordon getrennt, mit dem sie 27 Jahre verheiratet war.

Er (Rechtsanwalt) sagt entschuldigend: "Wir sind in einem verschiedenen Tempo gealtert."

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Zweitens hat die Amerikanerin chilenischer Abstammung auf ihrer Lesereise ihre Verwunderung ausgedrückt: "Wenn ich heutzutage die jungen Leute sehe, die so vorsichtig sind und kein Risiko eingehen und den Schmerz fürchten – wie können die denn lieben? Wie können sie geliebt werden?"

Drittens redet der neue, 21. Roman "Der japanische Liebhaber" beruhigend, zum Meditieren fast, auf uns alle ein: Freundschaft und Liebe altern nicht.

Er handelt von einer vermögenden Dame, 82 ist sie und hat sich freiwillig in ein nobles Altersheim zurückgezogen:

Über den Tod hinaus ist sie seit dem Zweiten Weltkrieg mit einem Japaner verbunden, dessen Familie auf dem Anwesen ihrer Eltern in San Francisco einst die Gartenarbeiten verrichtet hat.

Frau Alma und Herr Ichi waren immer nur heimlich zusammen (und später dann mit jemand anderem verheiratet), aber wenn sie einander trafen, etwa beim Sex im Motel, so waren sie – Zitat Isabel Allende – "dankbar für das, was ihnen zuteilwurde" bzw. "demütig, weil sie sich in tiefster Seele berührt hatten".

Auch jetzt, im Heim, bekommt Alma noch regelmäßig Briefe und jeden Montag frische Gardenien mit der Post. Was einigermaßen seltsam ist, aber wahrscheinlich gibt es Geister.

Beutelware

"Der japanische Liebhaber" ist so geschrieben, dass man unentwegt seufzen könnte; abwechselnd vor Trauer und Freude.

Zur Sicherheit hat die Geschichtenerzählerin Allende noch eine sehr sympathische Altenbetreuerin aus Osteuropa verewigt, die als Kind vom Stiefvater missbraucht wurde. Für sie darf es sogar ein Happy End geben.

Der persönliche Lieblingssatz ist allerdings einer, der völlig aus dem Rahmen fällt. Er ist gut zum Verschnaufen – und zum Wundern, worüber sich die Leute so ihre Gedanken machen, ist er ebenfalls. Er lautet:

"Cathy mochte den Tee im Kondom nicht, wie sie die Beutelware nannte."