Kultur

In Zukunft schießt die Polizei Geldstrafen

Es ist nicht alles schlecht im Jahr 2170. Die Marihuana-Sprays, die man sich legal kaufen kann ... das hat was. Und erst mit 40 in die Schule zu müssen, weil man ja eh 200 Jahre alt wird, klingt auch nicht übel.
Pablo Tusset – der Schriftsteller aus Barcelona, der früher Möbelpacker, Maurergehilfe, Blumenverkäufer und Nachtwächter war – hat sehr lustige Ideen.
Und böse Ideen.
Obwohl, das ist naheliegend: In 150 Jahren hat jeder einen Chip unter der Haut.

Kalter Regen

Dann weiß die Krankenkasse immer, ob man Alkohol getrunken hat und kann die Versicherungsprämie hinaufsetzen. Und die Polizei mit ihren Scannern weiß sofort, wie man heißt und ob man Steuer gezahlt hat – entsetzlich.

Auf die Chips der Studenten, die in „Oxford 7“ für mehr Freiheit kämpfen (guter Slogan: „Die Barrikade versperrt die Straße, aber öffnet den Weg!“), schießt die Polizei Geldstrafen. Kein Wasserwerfer wird eingesetzt, man ist human, sondern man lässt es auf Knopfdruck regnen.

Kalt regnen. Sehr kalt.

Oxford 7 ist eine elitäre Universitätsstadt im All, gesponsert von Apple und Coca-Cola. Die Konzerne bestimmen mit, was unterrichtet wird. Die Erde hat mittlerweile auch landwirtschaftliche Inseln im Weltraum stationiert, wahrscheinlich finanziert von Monsanto.

Jedenfalls versuchen einige Studenten, von einem alten Professor unterstützt, einen gefürchteten Revolutionär von Spanien nach Oxford 7 zu holen, damit er die Dekanin entfernt. Allerdings ist dieser Kerl noch viel wahnsinniger.

Alle Inhalte anzeigen
Der Roman ist nicht so wunderbar kindisch wie Tussets Debüt „Das Beste, was einem Croissant passieren kann“ (2003), in dem ein fetter, fauler Kerl in Barcelona seinen verschwundenen Bruder sucht.
Und er ist nicht so angenehm verwirrend wie der Krimi „Im Namen des Schweins“ (2008), in dem eine ebenfalls übergewichtige Frau in einem Schlachthof ... geschlachtet wird.
Oxford 7“ löst, trotz aller gelungener Späße, vor allem Unbehagen aus. Ängste. So etwas ist man von diesem Autor nicht gewohnt, und das verunsichert, und was verunsichert, ist gut.

PS: Jazz überdauert die Zeit. Charlie Minus, Louis Armstrong und Ella Fitzgerald werden gern gehört. Und ein Film wird überleben, „Casablanca“.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: PabloTusset: „Oxford 7“ Übersetzt von Ralph Amann. Frankfurter Verlags-Anstalt. 285 Seiten. 20,50 Euro.