Kultur

Lichtkünstler Eliasson verzaubert Winterpalais

Man kann es drehen und wenden, wie man will – Olafur Eliasson ist ein großer Zauberer.

Was der dänisch-isländische Künstler bis 6. März 2016 im einstigen Wiener Winterpalais des Prinzen Eugen arrangiert hat, ist das spektakulärste Kunst-Projekt, das in den barocken Räumen seit ihrer Eröffnung als Belvedere-Dependance vor zwei Jahren zu sehen war – und vermutlich auch das publikumsträchtigste.

Das „Erfolgsgeheimnis“ von Eliassons Kunst ist ihre Präzision und der Umstand, dass sie sich völlig voraussetzungslos genießen lässt: Das trichterförmige „Kaleidoskop“ im Erdgeschoß, in dem man sein Spiegelbild in ein Muster aus vielen Sechsecken aufsplitten kann, ist ebenso berauschend wie der in gelbes Monofrequenz-Licht getauchte Stiegenaufgang oder die Wand im ersten Stock, auf die die Besucher vier verschiedenfarbige Schatten werfen (Kinder werden hier nicht mehr wegzubekommen sein).

Alle genannten Werke sind, man glaubt es kaum, keine Spezialanfertigungen für diesen Parcours, sondern teils ältere Sammlerstücke, Leihgaben aus Francesca Habsburgs „TBA21“-Sammlung und der „Juan & Patricia Vergez Collection“ aus Buenos Aires. Das Novum – und Herzstück – der Schau aber ist ein Spiegel, der sich durch die gesamte lange Raumflucht der barocken Winterresidenz zieht und einen Alu-Tunnel, Skulpturen und einen halben Ring scheinbar verdoppelt.

Spieglein, Spieglein

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Dabei steckt nicht nur viel optisches Know-how in den Werken, Eliasson dachte bereits für seine Personale in der Neuen Galerie Graz (2000) über das Barock nach. Die Inszenierung jedes Lebensaspekts erschien ihm als zentrales Merkmal – in seinen Werken „sieht man sich selbst sehen, und dadurch wird auch das Sehen inszenierbar“, sagt Eliasson. Besucher der Wiener Schau können nun ihre Selbstinszenierungen unter dem Tag#olafurbaroqueonline posten.

Die Verschränkung des Barock mit dem Jetzt ist damit gelungen. Weniger klar ist, ob das Selbstbespiegelungsfest auch das Bewusstsein für den eigenen Platz in Umwelt und Gesellschaft fördern kann: „Die Schau als Eskapismus zu sehen, wäre ein Fehler“, sagt der sozial und ökologisch engagierte Künstler. Angesichts der tollen Seh-Spiele im Palais ist nicht sicher, ob man sich diesen Fehler ersparen kann.

Bei Francesca Habsburgs „TBA 21“ imAugarten wird Olafur Eliasson ab Februar mit Flüchtlingen Lampen produzieren. Parallel unterstützt die Mäzenin einGroßprojekt Eliassons zum Thema Solarenergie. Generell engagiert sich Habsburg zunehmend für ökologische Anliegen. Im KURIER erläutert sie, was das mit ihrem möglichen Abzug aus Wien zu tun hat.

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KURIER: Ist „TBA21“ noch als Kunstinstitution zu verstehen?
Francesca Habsburg: Absolut. Die Menschen vertrauen Kunstproduzenten, die brennenden Fragen unserer Zeit zu artikulieren.
Aber neben ökologischen Anliegen gibt es noch die Frage, wo Sie Ihre Kunstsammlung hingeben sollen.
Ja, die Arbeiten sind dafür da, gesehen und genossen zu werden. Es gibt in Wien einen Mangel an großen Werken, die auf das 21. Jahrhundert blicken; wir arbeiten hier an einer Lösung mit. Zugleich sind es Fragen wie jene der globalen Erwärmung, die mich wirklich beschäftigen. Ich möchte nicht eine lokale Lösung für ein lokales Problem sein, meine Agenda ist stärker global ausgerichtet.

Was ist also der Plan?
Ich habe keine Intention, Wien „zurückzulassen“, so wie das in Medien oft dargestellt wurde. Meine Sammlung ist substanziell genug, um in Wien auch in den kommenden Dekaden eine Rolle zu spielen. Die Frage ist: Braucht es dazu ein Museum? Die Zukunft meiner Stiftung „TBA21“ ist mehr auf neuartige Prozesse des Erzählens und auf Ereignisse und weniger auf eine materielle Kunstsammlung ausgelegt. Viele Sammler versuchen, das Modell staatlicher Museen zu kopieren. Diese Erfahrung habe ich mit der Sammlung meines Vaters gemacht; ich möchte dem mit meiner eigenen nicht folgen.

Ein Grund öffentlicher Skepsis ist die Frage: Brauchen Sie Steuergeld, und wenn ja, warum?
Ich verstehe, dass das in Wien problematisch ist, auch weil mein Name Habsburg ist. Aber Wien muss auch über seinen Schatten springen und wissen, was es in Zukunft will. Derzeit ist es politisch sehr schwierig, meine Stiftung auch nur minimal zu unterstützen. Zugleich will die Sammlung erhalten werden, und die Frage ist, ob ichdas für immer tun werde. Ich will meinen Kindern diese Verantwortung nicht aufbürden. Also werde ich dorthin gehen, wo immer sich die richtige Lösung befindet.