Kultur

"Ich mag Gewalt im Kino" - Brad Pitt als Killer

Halbzeit in Cannes. Immer noch zählt in der internationalen Kritiker-Wertung Michael Hanekes "Amour" zu den Favoriten des Festivals. Schon die Gala-Premiere wurde zum Triumph – allerdings ohne Beisein offizieller Vertreter aus Österreich: "In meiner Premiere waren sowohl der deutsche Kulturminister als auch die französische Ministerin, nur die österreichische Ministerin war nicht da", sagte Haneke vor Journalisten: "Das finde ich doch etwas peinlich."

Insgesamt aber schwächelt der Wettbewerb vor sich hin: Der Brite Ken Loach lieferte mit "Angels’ Share" weichgespülte Unterhaltungsware für den verregneten Sonntagnachmittag ab, der Iraner Abbas Kiarostami – einst profilierter Arthouse-Filmemacher – fadisierte mit einer in Japan spielenden Film-Banalität unter dem Titel "Like Someone In Love."

Sogar der französische Altmeister Alain Resnais konnte mit seiner schönen, theaterhaften Arbeit "You Ain’t Seen Nothin’ Yet!" nicht ganz die Erwartungshaltung erfüllen. Trotz starkem Ensemble verlor er zum Ende hin an Sogkraft.

Gewalt

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Viel Star-Rummel begleitete den Wettbewerbsbeitrag des Neuseeländers Andrew Dominik ("Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford"). Sein stark stilisierter Gangster-Blues "Killing Them Softly" brachte Hollywood-Royalty wie Brad Pitt nach Cannes. In einem praktisch frauenlosen Thriller, in dem Pitt als geschäftstüchtiger Killer im verlotterten Milieu kleiner Pokerspieler einen Auftragsmord übernimmt, treten auch andere Bekannte auf – etwa James Gandolfini von den "Sopranos" in einer charismatisch-grindigen Rolle.

Mit etwas überangestrengtem Stilwillen und im schäbig-atmosphärischen Nostalgie-Look der 70er-Jahre erzählt Dominik von den USA in der Wirtschaftskrise während des Wahlkampfs Bush – Obama. Frappierend gewalttätige Szenen, in denen Ray Liottas Gesicht zu Brei geschlagen wird oder Kopfschüsse trügerische Freundlichkeit durchbrechen, sorgten bei der Pressekonferenz für Nachfragen.

"Ich mag Gewalt im Kino", meint Regisseur Andrew Dominik, ohne mit der Wimper zu zucken, "Kino ist ein dramatisches Medium, und Gewalt ist der höchste dramatische Ausdruck."

Auch der aus dem Ei gepellte Brad Pitt hat keine moralischen Probleme mit seinem kühlen Killer: "Wir leben in einer gewalttätigen Welt, und das kann man auch zeigen. Ich fände es viel schwieriger, einen Rassisten zu spielen als einen Killer." Anspielungen auf ein heruntergewirtschaftetes Amerika liegen in "Killing Them Softly" auf der Hand: "Das Tolle an Crime-Filmen ist, dass sie so offen vom Kapitalismus handeln", erklärt Dominik: "Sie erzählen von Amerikanern, wie ich sie selbst oft erlebe, vor allem in Hollywood: Allen geht es in erster Linie ums Geld."

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