Kultur

Hurts: Brutaler Mord und wilde Partys

Eine Villa in den Hollywood Hills in Los Angeles – mit Pool und Palmengarten. Herrlich! Theo Hutchcraft und Adam Anderson wollen hier ein paar Songs für ihr nächstes Album aufnehmen. Erst am Vortag sind sie angekommen, noch vom Jetlag geplagt, aber ausschlafen ist nicht möglich: Unter dem strahlend blauen Himmel über dem Haus kreisen sechs Polizei-Helikopter.

"Schon das war sehr bedrohlich", erinnert sich Keyboarder Anderson. "Wir sind dann hinausgegangen, um zu sehen, was los ist. Die Straßen waren menschenleer und überall gab es Polizeisperren. Es stellte sich heraus, dass ein Mann seine Frau und danach noch eine Polizistin erschossen hatte."

Auch wenn das Duo diesen erschreckenden Vorfall nicht direkt in einem Song verarbeitet hat, die Spannung zwischen der wunderschönen und der abgründigen Seite der Stadt, sagt Sänger Hutchcraft, sei sehr wichtig gewesen: "Nachdem das vorige Album sehr düster war, wollten wir diesmal unbeschwertere Songs schreiben. Es war einfach eine Entscheidung, diese Seite unserer Persönlichkeit mehr hervorzukehren. Aber natürlich sind wir immer noch Hurts und es war uns schon auch wichtig, ein paar typische, tristere Songs zu haben, die genau diese Spannung zwischen schön und abgründig vermitteln."

Tanzfläche

Diese Songs haben Hurts in der zweiten Hälfte von "Surrender" zusammengefasst. In der ersten dagegen zeigt sich das Duo so positiv wie nie, zielt im Sound mehr auf die Tanzfläche als auf das Wohnzimmer ab und lehnt sich bei "Nothing Will Be Bigger Than Us" an EDM und bei "Lights" an Disco an.

All das sagt Hutchcraft, habe aber nichts damit zu tun, dass sie zwischendurch mit Calvin Harris den Song "Under Control" aufgenommen haben. Und schon gar nicht damit, dass sie für die Aufnahmen zu "Surrender" auch in Ibiza waren.

"In Ibiza haben wir nichts gearbeitet. Da gab es einfach zu viel Ablenkung. Da ist jeden Tag eine Riesenparty. Wir wollten zwar, haben aber keinen einzigen Ton aufgenommen. Und Calvin Harris kennen wir seit acht Jahren, weil er und die Band, in der wir vor Hurts waren, den selben Manager hatten. Wir hatten schon oft über eine Zusammenarbeit gesprochen, und 2013 war endlich Zeit dafür. Ich glaube, was wir von ,Under Control‘ mitgenommen haben, ist nur, dass wir uns in einem anderen Licht sehen konnten."

Der Auslöser dafür, dass Hurts ihren dramatischen Synthie-Pop in die neue Richtung drängten, sei nur gewesen, dass sie mit "Some Kind Of Heaven" erstmals einen derartigen Song geschrieben hatten – mit dem sie auch zufrieden waren: "Wir haben schon vorher probiert, fröhlichere Lieder zu schreiben, konnten sie aber nie gut umsetzen."

Song verloren

Als Gegenstück zum Dance-Pop des ersten Teils haben Hurts an das Ende von "Surrender" das Stück "Policewoman" gestellt. Das schließt mehr an den Sound von Hits wie "Wonderful Life" und "Stay" an – und endet so experimentell, wie das zweite Album "Exile" begonnen hat.

"Policewoman" haben Hurts in L.A. aufgenommen. Mit der Schießerei und den Morden an ihrem ersten Tag in der Stadt hat diese Polizistin aber nichts zu tun. "Das ist eine Art Liebeslied, das wir beinahe verloren hätten", erzählt Hutchcraft. "Denn der Computer von unserem Produzenten wurde gestohlen. Es hat Monate gedauert, das aus dem Gedächtnis wieder so aufzubauen, wie es ursprünglich war. Leider haben wir erst danach angefangen, ausreichend Sicherungskopien zu machen."