Kultur

Hollywood setzt vermehrt auf Blockbuster für Frauen

Fifty Shades of Grey", "Cinderella" und "Insurgent" - so heißen die bisherigen Top drei der US-Kinocharts 2015. Und so unterschiedlich die drei Filme auch sein mögen, so haben sie doch mehr gemein als den durchschlagenden Erfolg beim Publikum. Ob Erotikverfilmung mit Sado-Maso-Anklängen, sanft beschwingte Märchenerzählung oder düstere Endzeit-Action - in allen drei Filmen spielen Frauen mehr ("Insurgent") oder weniger ("50 Shades of Grey") die Hauptrolle und, wichtiger: In allen drei Filmen stellen Frauen auch das mit Abstand größte Publikum.

Wie die New York Times berichtet, lag der Anteil der Frauen im Publikum bei "Insurgent" am Eröffnungswochenende bei 60 Prozent. Die aktuelle Nummer eins der US-Kinocharts zeigt (ähnlich wie 2014 schon die "Tribute von Panem") mit Shailene Woodley und Kate Winslet zwei starke Frauen im dystopischen Kampf um Freiheit. Bei "Cinderella" waren es in den vergangenen beiden Wochen gar 66 Prozent weibliche Besucher.

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Dass der starke Anteil an Frauen vor der Leinwand nicht gleichbedeutend ist mit starken Frauen auf der Leinwand, zeigt "50 Shades of Grey". Mit 67 Prozent Frauenanteil im Publikum ist der Wert hier am höchsten. Neue Frauenfiguren? Fehlanzeige. Die Verfilmung des Erotik-Bestsellers von E.L. James zeigt vor allem die klassischen Rollenbilder vom starken Mann und der schwachen Frau.

Man muss also präzisieren: Frauen werden für Hollywood als Publikum wichtiger, das lässt sich messen. Der Umkehrschluss, dass nämlich Frauen künftig auch gewichtigere Rollen in den Filmen selbst spielen, der lässt sich im Moment nur erahnen.

Jung und männlich

Eine Studie des Centre for the Study of Women in Television and Film aus dem Jahr 2013 ergab, dass Frauen in Filmen generell immer noch unterrepräsentiert sind. Nur 43 Prozent der gewichtigen Filmcharaktere waren damals weiblich (mehr dazu finden Sie hier). In der Zwischenzeit hat Hollywood ein geradezu katastrophales Kinojahr 2014 - mit Ticketeinbrüchen von fünf Prozent - hinter sich gebracht.

"American Sniper" - einer der erfolgreichsten Filme 2014 - lockte nur 43 Prozent Frauen ins Kino. Bei "Guardians Of The Galaxy", dem erfolgreichsten Film des vergangenen Jahres, waren es 44 Prozent. Kurios: Selbst mit diesem bescheidenen Prozentsatz konnte der Film noch den höchsten Frauenanteil aller Superheldenfilme aus dem Hause Marvel, Amerikas Nummer-eins-Superheldenschmiede, verbuchen.

Spezialisierung auf Frauen

Allein bis 2016 sind rund 30 weitere Comicverfilmungen angekündigt. Von einer echten Trendumkehr kann also keine Rede sein. Die sogenannten Sommer-Blockbuster sind noch immer fest in (junger) männlicher Hand. Daneben scheint Hollywood aber begriffen zu haben, dass man auf Frauen als zahlungskräftiges Publikum nicht vergessen darf, konstatiert die New York Times.

Auch, weil es sich dabei um ein sehr viel verlässlicheres Publikum handle. "Junge Männer sind leichter abgelenkt durch Videospiele und Youtube." Junge Mädchen hingegen würden das Erlebnis eines gemeinsamen Kinobesuchs vermehrt suchen, wird Terry Press, der Präsident von CBS Films zitiert. Dass neben den erfolgreichen Superheldenfilmen auch immer wieder teure Flops produziert werden, hat auch ihm zu denken gegeben.

"Was die Einspielergebnisse betrifft, ist die Botschaft klar", sagt Phil Contrino. "Der Chef-Analyst des Branchendienstes 'BoxOfficeMojo' hat für die New York Times die jüngsten Kino-Erfolge analysiert. "Man braucht keine Four-Quadrant-Filme mehr, um einen massiven Hit zu landen." Als 4Q-Movies werden Filme bezeichnet, die sowohl Zuschauer männlichen als auch weiblichen Geschlechts aller Altersgruppen ansprechen. Künftig werde es reichen, nur zwei dieser Quadranten anzusprechen, um an den Kinokassen reüssieren zu können. "Cinderella" etwa, ein Film speziell gemacht und beworben für Mütter und ihre Töchter, spielte in den ersten beiden Wochen nach Kinostart allein in den USA und Kanada 122 Millionen Dollar ein.