Kultur

"Hier mische ich mich auch ein"

Man kennt ihn als langjährigen Chef des Strabag-Konzerns, als Mäzen der Tiroler Festspiele Erl und als Unterstützer sozialer Anliegen. Hans Peter Haselsteiners Engagement für bildende Kunst rückte durch seine Teil-Übernahme der Sammlung Essl im vergangenen Jahr in den Fokus.

KURIER: Anders als bei der Sammlung Essl gibt es keine öffentliche „Sammlung Haselsteiner“, sondern die Strabag-Sammlung. Wo überschneidet sich diese mit Ihrer Person?

Hans Peter Haselsteiner: Das Bedürfnis nach einer eigenen Sammlung habe ich nie empfunden. Mir genügt es, wenn die Dinge Freude machen und wenn ich erkennen kann, dass sie mit einer entsprechenden Expertisegesammelt wurden.

Was kam zuerst – Ihre Kunstbegeisterung oder die Entscheidung, Kunst Teil der Unternehmenskultur zu machen?

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Meine Begeisterung für Kunst kommt natürlich aus meiner Kindheit. Meine Mutter hat einen Maler und Bildhauer unterstützt, den Professor Walter Nagl, der ein sehr hartes Fortkommen hatte in seinen jungen Jahren. Der hat mir noch als Schüler und dann als Student das Not, das Elend und die Faszination eines bildenden Künstlers hautnah nahegebracht. Der Tradition meiner Mutter fortsetzend, habe ich ihm, als ich dann Geld verdient habe, auch geholfen. Als ich dann bei der STRABAG – beziehungsweise damals ILBAU – gelandet bin, hatte ich das Glück, einen Kollegen kennen zu lernen, dessen Vater im Drautal als Zeichenlehrer sein Auskommen gefunden hat. Dieser Willi Weiss(er ist nach wie vor Direktor des STRABAG Kunstforums, Anm.) hat mir vorgeschlagen, mehr für die Kunst zu tun. Von da an haben wir systematisch begonnen, die Sammlung aufzubauen. Dann haben wir den Kunstpreis ins Leben gerufen – zuerst mit Kärntner Künstlern, dann österreichweit, seit einigen Jahren international. Nachdem der Preis anständig dotiert ist, aber auch für alle klar ist, dass wir einen strengen Maßstab an Jury und Auswahlverfahren stellen, genießt er hohe Anerkennung, besonders bei denen, auf die uns es uns ankommt – den Künstlern.

Mit Ihrem Einstieg bei der Sammlung Essl haben Sie einen Fuß in ganz neues Territorium gesetzt. Liegt da nicht die Idee nahe, das gesamte Kunstengagement zu überdenken?

Nein. Es ist im Gegenteil abgesprochen, dass die Sammlungen getrennt bleiben. Nicht nur, weil Professor Essl sich das wünscht, sondern auch weil ich dieser Meinung bin. Es macht keinerlei Sinn, die Essl-Bestände in die Strabag-Sammlung zu integrieren. Es ist etwas anderes, ob ich eine Sammlung in einem Museum habe oder ob ich sie wie die Strabag-Sammlung dezentral an Konzern-Standorten in der ganzen Welt habe.

Wie steht es um die Sicherstellung des Betriebs im Essl Museum Klosterneuburg?

Eines ist klar, da, und da sind der Herr Professor Essl und ich einer Meinung: Der Standort in Klosterneuburg mit dem bestehenden Museum ist nur dann aufrechtzuerhalten, wenn das Land und gegebenenfalls der Bund einen Beitrag leistet. Die bildungspolitische Aufgabe, die das Museum ohne Zweifel übernimmt – das ist vielleicht der viel wichtigere Teil der Tätigkeit des Museums und der Verantwortlichen als der eigentliche Ausstellungsbetrieb, das ist eine sehr beachtliche und herzeigbare Schiene – müsste und sollte auch eine entsprechende öffentliche Beteiligung rechtfertigen. Wenn das gelingt, wovon ich einmal ausgehe, wird auch der Museumsbetrieb – vielleicht etwas sparsamer als jetzt, vielleicht mit einer Ausstellung pro Jahr weniger, vielleicht ohne Shuttle-Bus von der Albertina, vielleicht mit etwas weniger internationalem Austausch – so weitergeführt werden, wie es das Publikum jetzt gewohnt ist.

Sind Sie bei der Neustrukturierung mit Essl auf einer Linie?

Professor Essl sieht alle Dinge aus der Sicht des Betroffenen – er heißt Essl, die Sammlung heißt Essl, das Museum heißt Essl. Ich bin da wesentlich nüchterner und sachlicher, und das ist auch gut so.

Welche Signale gibt es von der öffentlichen Hand? Am Mittwoch will Landeshauptmann Pröll seinerseits Pläne für eine neue Galerie des Landes Niederösterreich in Krems bekanntgeben.

Der Landeshauptmann hat mehrfach betont, dass dieser Museumsneubau in Krems auf Schiene ist und dass da keine Abweichung gewünscht oder möglich sei. Wenn das Land das möchte und die Landessammlung das hergibt, soll es ein solches Museum geben. Wünschenswert ist natürlich, dass es dann mit dem zweiten großen Museum für Nachkriegskunst in irgendeiner Form kooperiert und koordiniert wird: Es wird nicht sinnvoll sein, in Krems etwas zu machen und nicht darauf zu achten, was die ein paar Kilometer entfernt in Klosterneuburg tun. Hier kann man Überlegungen anstellen, genauso, wie es auch mein Bestreben sein wird, die Achse zum mumok zu knüpfen. Hier mische ich mich auch ein, weil es ja weniger mit künstlerischen Dingen zu tun hat, sondern organisatorische Aufgaben sind. Da glaube ich, dass ich einen Beitrag leisten kann.

Was wird als nächstes aus der Essl-Sammlung verkauft?

Wir haben insbesondere aus der internationalen Sammlung einige Stücke identifiziert, die hat der Herr Professor vorgeschlagen, ich habe jetzt nicht im Kopf, welche konkret. Aber im Wesentlichen ist es immer die internationale Sammlung, von der wir weitere Stücke verkaufen wollen, und hoffen, dass wir damit im Laufe der zehn Jahre, die wir Zeit haben, die Schuld abgestattet haben. Dann bleibt von der internationalen Sammlung hoffentlich ein Kern übrig, aber die österreichische Sammlung sollte jedenfalls intakt und schuldenfrei herauskommen.

Wo, finden Sie, sollten Private im Bereich der Kunstförderung mehr tun, welche Aufgaben sollte der Staat übernehmen?

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Ich glaube, es ist nicht Aufgabe des Staates, aus Steuergeld nennenswerte Sammlungen aufzukaufen oder Sammlungen zu schaffen. Ich halte es für wünschenswert, dass das bei Privaten konzentriert wird. Jetzt haben wir in Europa diesbezüglich wesentlich weniger Tradition, im Gegensatz zu den USA, wo die Tradition eine ganz andere ist. Wenn es das nicht gibt, ist es einfach notwendig, dass der Staat einspringt, um der Gesellschaft dieses wichtige Element der Kunst nicht zu verschließen. Das ist bei uns auch geschehen, und geschieht auch. Aber wünschenswert wäre, dass sich die Privaten für Kunst interessieren, dass sie auf breiter Basis zu sammeln beginnen, und dass sie in weiterer Folge große Sammlungen zusammenstellen bzw. zusammenstellen lassen. In den nächsten Jahrzehnten werden durch Erbschaften ja unglaubliche Vermögen transferiert werden, und wenn die Erben dann sagen, ich stecke einen Teil in Kunst, tut es der Sache auf jeden Fall gut. Es muss ja nicht immer das Hehre, Reine sein, der Kunst tut es auch gut, wenn einfach das Geld zur Verfügung gestellt und richtig eingesetzt wird.

Die Neos haben einen Entschließungsantrag zur steuerlichen Begünstigung gemeinnütziger Stiftungen eingebracht - ebenfalls mit dem Argument, dass die philanthropische Kultur in Österreich gefördert werden soll. Wenn diese Erleichterungen kommen, wie würde das Ihr Kunstengagement verstärken?

Es würde Netto mehr übrig bleiben. Ich habe in meinen Stiftungen sowieso eine 51-prozentige Quote für Kulturelles und Soziales, das ist in der Stiftungsurkunde so drinnen. Wenn das jetzt steuerbegünstigt wäre, wäre es nicht mehr mit 25% KESt belastet, dann kommt einfach 25 Prozent mehr an. Aber ich habe es auch mit der steuerlichen Belastung gemacht. Es wird aber viele Stifter geben, die sagen: Wenn es nicht steuerlich belastet ist, mache ich es lieber. Wenn man hier Anreize setzt, ist das gut investiertes Geld, und daher hoffe ich sehr, dass das durchgehen wird.

Zur Person

Hans Peter Haselsteiner, 1944 in Wörgl geboren, machte aus den Firmen ILBAU und STRABAG einen globalen Baukonzern. 2013 legte er den Vorstandsvorsitz zurück, er ist heute „Generalbevollmächtigte für strategische Ausrichtung“ und hält diverse Firmen-Beteiligungen. Im Sommer 2014 übernahm seine "ZMH GmbH" 60 Prozent an der "SE Sammlung Essl GmbH", in die der Sammler und Baumax-Gründer seine umfassende Kunstsammlung einbrachte. Im Oktober 2014 wurden einige Highlights der Sammlung versteigert, um den Deal zu refinanzieren.

Zur Kunst

Seit den frühen 1990er Jahren sammelt die STRABAG Kunst, die vorrangig in den zahlreichen Büroräumlichkeiten des Konzerns für Mitarbeiter zu sehen ist. Der STRABAG-Kunstpreis wird seit 1994 vergeben und fördert speziell junge Künstlerinnen und Künstler; der Hauptpreis ist mit 15.000 Euro dotiert, vier weitere Anerkennungspreise mit je 5.000 Euro. Heuer wird der Preis am 11. Juni vergeben. In der „Artlounge“ in der Strabag-Firmenzentrale sind regelmäßig Ausstellungen zu sehen, ab 23.4. zeigt man die Kärntner Künstlerin Lisa Huber (Donau-City-Straße 9, 1220). www.strabag-kunstforum.at