Kultur

Harvest Of Art: Spezialitäten für Musik-Kenner

Woher der Festivalpark Marx Halle am Ostrand von Wien das Wort Park in seinem Namen hat, blieb ein Rätsel, als Freitagabend das „Harvest Of Art“-Festival dort gastierte. Das eintägige Event, das sich kommerziellen Acts verweigert und stattdessen den etablierten und aufstrebenden Musikern der Alternative-Szene widmet, musste von Wiesen nach Wien übersiedeln, weil sich der Eigentümer des kultigen Wiesen-Zelts mit dem Veranstalter verworfen hatte.

Ein guter Ersatz ist dieses Gelände aber kaum: Eine Halle wie ein Schlauch, davor eine Parkplatz mit brüchigem Beton. Den angekündigten Rollrasen darauf gab es nicht, genauso wenig die versprochenen Hängematten. Es gab etwas mehr als ein Dutzend Heurigenbänke – viel zu wenig für 6000 Leute und elf Stunden. Die Besucher nahmen das gelassen und setzten sich einfach auf den staubigen Beton-Streifen vor der Halle.

Noch bedauerlicher war, dass der Sound in der Halle nicht optimal ist. Denn einmal mehr war das musikalische Programm des „Harvest Of Art“ voll mit Spezialitäten zum neu- und wiederentdecken. Schon am frühen Nachmittag stellte das Duo Lola Marsh aus Israel seinen an Lana Del Rey erinnernden Dream-Pop vor. Auch Matt Corby aus Australien zeigte einmal mehr, dass er einer der vielversprechendsten Newcomer dieses Jahres ist. Und Sophie Hunger aus der Schweiz ist ohnehin ein Publikums-Liebling unter Musik-Kenner.

Bei all diesen Acts war der Sound noch okay. Doch beim Auftritt von Glen Hansard waren die leisen Stellen auch noch gut zu hören. Wenn aber die gesamte Band samt Streicher und Bläser gemeinsam loslegte, wurde er - für alle die in den Seiten-Flügeln und ganz hinten in der Halle standen - kreischend und breiig.

Element Of Crime, ebenfalls Publikumslieblinge, lieferten dann ein gewohnt einnehmendes, gewohnt melancholisches, gewohnt schönes Set. Und auch wenn man das schon so gut kennt, ist es immer wieder verblüffend, wie Frontmann Sven Regener in seinen Texten präzise Beobachtungen unbedeutender, unpoetischer Alltagssituationen so poetisch klingen lassen kann.

Bedrohlich

Der Headliner des Abends war PJ Harvey. Die Britin – in den frühen 90er-Jahren ein Ikone von rotzig-punkigen und experimentell-wütenden Klängen – hat sich mit ihrem jüngsten Album „The Hope Six Demolition Project“ selbst die Rolle der „offiziellen Kriegs-Song-Korrespondentin“ gegeben. Mit einem Kriegsfotografen reiste sie in den Kosovo und nach Afghanistan, bereichtet in den Songs von den Begegnungen und Begebenheiten auf diesen Trips. Beim „Harvest Of Art“ konzentrierte sich Harvey mit ihrem Programm ganz auf dieses Album, brachte nur gegen Ende Älteres wie „50Ft Queenie“ und „Down By The Water“ ein.

Kein Problem. Diese Songs sind es wert zelebriert zu werden. Interpretiert von einer neunköpfigen Band, die ein breites Instrumentarium inklusive Violine und Saxofon bedient, glänzen sie mit markanten Melodien über variantenreichen Beats, die die bedrohlichen Szenarien der Texte perfekt untermauern. Etwa wenn stramme Marsch-Trommeln „Chain Of Keys“ über eine alte Frau, die als einzige in einem vom Krieg verwüsteten Dorf geblieben ist, einleiten. Oder wenn wuchtige Akkorde unter Harveys trockener Beschreibung eines ausgebrannten Regierungsgebäudes liegen.

Dass einige Besucher schon während ihres Sets gingen, lag wohl am Fehlen des Parks und einer chilligen Umgebung im Festivalpark. Bestimmt aber nicht an ihr.