Kultur

Ein Leben für 100 Bücher

Er war bestimmt nicht der größte Schriftsteller seiner Zeit, aber einer der berühmtesten in den 1920er-, 30er- Jahren war er schon.

Sein – ihm gegenüber durchaus kritisch eingestellter – Kollege George Orwell („Animal Farm“) schrieb damals: Er habe eine ganze Generation denkender Menschen geschaffen.

H.G. Wells (1866–1946 in London) lehrte die Leser, die Welt wahrzunehmen. Wobei er im deutschsprachigen Raum in die Schublade Science Fiction gesperrt wurde und durch „Zeitmaschine“ und „Krieg der Welten“ bekannt wurde. Heute ist hierzulande sein Name immerhin noch auf Englisch-Leselisten für die Matura zu finden.

Aber in England sah man in ihm immer auch den politischen Kopf. Den Sozialisten, der die Gesellschaft verbessern wollte. Den Menschenrechtskämpfer.

Und den eifrigen Befürworter der freien Liebe – frei zumindest für ihn und die anderen Männer, die seinen Worten folgend Sex wie Golf sahen oder wie ein Tennismatch.

Vor allem mit dieser Seite beschäftigt sich der englische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler David Lodge in dem Buch „Ein ganzer Mann“, das Biografie sein will, aber die Realität ins Romanhafte dehnt, damit auch Gedanken und Gefühle ihren Platz bekommen.

Man kennt sich also nicht besonders aus, was echt und was erfunden ist, aber es liest sich gut.

Charmant

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Zwei Mal war H.G. Wells verheiratet gewesen, doch er nahm sich neben seinen rund 100 Büchern auch Zeit für gut 100 Liebschaften – wobei ihm auch eine verheiratete österreichische Übersetzerin verfallen war und sich in seiner Londoner Wohnung die Pulsadern ritzte.

Nein, ein Schönling war H.G. nicht gerade, aber charmant und romantisch.

Er scheint, wie junge Leute heutzutage mitunter sagen, „fit im Schritt“ gewesen zu sein: Sein „Leuchtturm von Sandgate“ (so nannte er IHN)wurde von Frauen wie Rebecca West – Berichterstatterin des Daily Telegraph bei den Nürnberger Prozessen – sehr gelobt.

KURIER-Wertung: **** von *****