Kultur

Zwei Klimts, ein Hanswurst und eine Verlustgeschichte

Es ist nicht der Klimt, den die Mehrheit der Wien-Touristen vor Augen hat, wenn sie „Klimt“ hört - und doch ist das Bild, das am Mittwoch, den 4. 12. 2024, in London zur Auktion gelangt, ganz eng mit der Wiener Kunst- und Theatergeschichte verwoben: Es erzählt von Klimts innerem Kreis, legt aber auch eine Spur zu der Geschichte von Sammlern und Ringstraßen-Mäzenen.

„Maler-Compagnie“

Eine Version des Werks ist nämlich am Plafond oberhalb der Feststiege des Wiener Burgtheaters (Landtmannseite) zu sehen: Das Gemälde „Hanswurst auf der Stegreifbühne zu Rothenburg“, auch als „Hanswurst auf der Jahrmarktsbühne“ bekannt, gehört zu jener malerischen Ausstattung, die die so genannte „Malercompagnie“, bestehend aus Ernst Klimt, Gustav Klimt und Franz Matsch, um 1886 für den Renommierbau auf der Ringstraße schuf.

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Eine Version verbrannte

Gustav Klimts jüngerer Bruder Ernst Klimt malte zwei weitere Versionen des Motivs: Eine Ölskizze gelangte später in den Besitz der Mäzenatenfamilie Lederer, die u. a. auch den „Beethovenfries“ von Gustav Klimt und seine umstrittenen „Fakultätsbilder“ erwarb, die von der Universität Wien abgelehnt worden waren und den endgültigen Bruch des Secessions-Genies mit der Ausstattungsmalerei der Ringstraßenzeit markierten.

Die Familie Lederer wurde ab 1938 von den Nazis verfolgt und enteignet. Wie auch die Fakultätsbilder gelangte die „Hanswurst“-Ölskizze auf das Schloss Immendorff, das beim Rückzug der Nazis vor der Roten Armee 1945 in Brand gesteckt wurde. Laut „Lost Art Database“ verbrannte das Bild am 8. Mai 1945, Zusatz: „Plünderungen nicht auszuschließen“.

Erinnerungsbild

Für das nun auktionierte Gemälde auf Leinwand (Schätzwert 300.000-500.000 britische Pfund, ca. 360.000-600.000 Euro) ist eine andere Geschichte überliefert: Das Bild wurde von Ernst Klimt erst nach dem Burgtheater-Werk gemalt und war beim frühen Tod des Künstlers, 1892, unvollendet. Gustav Klimt machte posthum eine Art „Erinnerungsbild“ daraus, indem er einigen Personen in der Massenszene die Züge seiner Familienmitglieder gab.

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So sind die zwei weißgekleideten Frauen in der Bildmitte als Klimts Schwestern Klara und Hermine zu identifizieren. Die bunt gekleidete Frau direkt neben der Bühne ist Emilie Flöge, Gustav Klimts Schwägerin und sein späterer „Lebensmensch“ (Ernst Klimt hatte ihre Schwester Helene geheiratet). Auf der Bühne hinter Hanswurst sitzt die andere Schwester Pauline Flöge, die im gemeinsamen Modesalon „Schwestern Flöge“ auf der Wiener Mariahilfer Straße arbeitete. Eine interaktive Grafik im Online-Katalog hilft bei der Zuordnung.

Gustav Klimt signierte das ergänzte Bild nicht selbst, sondern setzte den Namen seines Bruders Ernst darunter. 1895 wurde es im Künstlerhaus um 8.400 Gulden an einen Sammler namens Viktor Wokaun verkauft. Der gegenwärtige, nicht genannte Eigentümer kaufte es 1984 ebenfalls bei Sotheby's London, wo es nun wieder die Besitzer wechselt.