Kultur

Genosse Wang träumt vom Pulitzer-Preis

Genosse Wang ist Journalist in Peking. So gern würde er einmal bei einer Pressekonferenz mit der Regierung aufstehen und eine kritische Frage stellen.

Schon träumt Wang vom Pulitzer-Preis.

Oder davon, was ja noch wichtiger ist, dass ihm die böse alte Süßkartoffelverkäuferin nicht mehr verächtlich auf die Schuhe spuckt.

Er übt daheim: "Warum wird in der Volksrepublik eigentlich für so viele Delikte die Todesstrafe ..." Ihm fehlt das Wort. Ihm fehlen überhaupt die Wörter. Da wird nichts draus.

Küchentisch

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Cornelia Vospernik aber hat es geschafft: Die frühere Asien-Korrespondentin (und jetzige ORF-Nachrichtenchefin) dachte immer, "es" müsse im Karst über Triest geschehen.

Aber jetzt gelang es ihr wider Erwarten, den ersten Roman in Wien zu schreiben, ohne Meerblick, auf ihrem chinesischen Küchentisch.

"Genosse Wang fragt" ist eine Satire. Erfundenes vor dem Hintergrund des realen China. Die Idee kam ihr beim Plaudern mit dem Peking-Korrespondenten der Welt, Johnny Erling; und beim Abschiedsachterl vor ihrer Rückkehr nach Wien bestärkte er sie: "Du nennst ihn Genosse Wang." – "Genau, Genosse Wang fragt, das ist der Titel." Der Titel war der Auslöser. Nun konnte Cornelia Vospernik "darauflos schreiben".

Die Pressekonferenzen in Peking spielen sich in etwa ab wie im Buch. Die Zeitungsredaktionen sehen in etwa so aus. Und das Bordell, in dem sich Genosse Wangs Kollege Genosse Zhang unglaublich freut, dass er fünf Minuten durchgehalten hat?

"Ich habe keine Ahnung, wie es in chinesischen Freudenhäusern zugeht. Aber genau das ist ja das Schöne an der Schriftstellerei: Man kann sich einfach alles ausdenken. Für eine wie mich, die davon lebt, über Fakten zu schreiben, eine echte Wohltat."

Was ihr an China abgeht? "Reisen in die tiefste Provinz, in der mich die wunderbar geerdeten und überhaupt nicht selbstmitleidigen Menschen immer beeindruckt haben. Von der Bodenhaftung kann man sich einiges abschneiden. China hat mich demütiger gemacht."