Kultur

Musik – Grundstoff seines Herzens

Fritz Kreisler. Der größte und bedeutendste internationale Violinwettbewerb trägt den Namen des österreichischen Jahrhundertgeigers. Er übt auf junge Musiker in der ganzen Welt eine besondere Faszination aus.

Aber der 1979 von Wolfgang Schneiderhan gegründete und alle vier Jahre im Wiener Konzerthaus ausgetragene künstlerisch-musikalische Wettstreit kämpft ums Überleben.

Sponsoren sind rar. Obwohl der Violin-Wettbewerb in der Musikwelt einen exzellenten Ruf hat. "Und es ist jedes Mal ein sehr harter Kampf, die notwendigen finanziellen Mittel doch wieder aufzubringen", sagt im KURIER-Gespräch Michael Frischenschlager, seit 1989 Leiter des Wettbewerbs.

"Ich hoffe, dass man wieder erkennt, dass unser gigantisches Kulturerbe, die europäische Musik, wieder wichtig wird. Auch im Hinblick auf die Jugend", so Frischenschlager.

Musikerbe

"Solange die Lipizzaner tanzen, die Philharmoniker, die Symphoniker und die Wiener Sängerknaben um die Welt reisen, glauben manche Leute, damit sei es getan. Aber man muss aufpassen, dass das ganz große klassische musikalische Erbe, für das Österreich in der ganzen Welt berühmt ist, nicht verschleudert wird."

Heuer geht die 8. Ausgabe des Fritz-Kreisler-Violinwettbewerbes vom 9. bis 18. September im Konzerthaus über die Bühne. Zu hören sind die schönsten Werke der Violinliteratur, aufgeführt von jungen Talenten aus der ganzen Welt. Beim letzten Mal waren 66 Musiker aus 27 Nationen beim Wettbewerb dabei.

Eine Jury wählt die drei Finalisten aus, die sich bei einem Galakonzert mit dem ORF-Radio-Symphonieorchester der Öffentlichkeit präsentieren. Der Erste Preis von sechs Hauptpreisen ist mit 15.000 Euro dotiert.

Wichtiger Meilenstein

"Der Wettbewerb fördert das Violinspiel und geigerische Talent auf höchstem künstlerischen Niveau und ist für die Preisträger ein wichtiger Meilenstein für eine erfolgreiche Karriere", sagt Kreisler-Enthusiast Frischenschlager. "Außerdem ist er für den Geigernachwuchs Österreichs eine enorme Anregung und Chance, sich in Wien mit der internationalen Konkurrenz gleichen Alters zu messen."

Fritz Kreisler, 1875 in Wien geboren, bezeichnete die Liebe zur Musik als ein Laster: "Geigen- oder Roulettespielen, Komponieren oder Opiumrauchen sind Neigungen, die ihren Lohn in sich selbst tragen. So sind die Musiker die einzigen menschlichen Wesen, deren Laster geachtet, geehrt, ja sogar bezahlt wird ..."

"Wenn der Fritz geübt hätte, dann wäre er wohl auch ein guter Geiger geworden", soll Harriet Kreisler gesagt haben, die Ehefrau des wohl prägendsten Geigenvirtuosen an der Wende von der Romantik zur Moderne.

Zeitlose Melodien

Zusammen mit seinem Freund Enrico Caruso war er ein Superstar der frühen Grammophon-Ära. Und bis heute zählen seine Wiener Melodien zu den absoluten Alltime-Favourites. Allen voran sein "Liebesleid".

Während Harriet Kreisler, die schlecht gelaunte Tochter und Millionenerbin eines Tabakhändlers aus Brooklyn, überall als Xanthippe wahrgenommen wurde, avancierte der komponierende Violinvirtuose zum Liebling der entstehenden Massenmedien dies- und jenseits des Atlantiks.

"Liebesleid"

Kreislers Violinschmonzette "Liebesleid" pfiffen die Spatzen von den Dächern, und er machte Sisi zur Operettenfigur, lange bevor der Farbfilm entstand.

Alle Inhalte anzeigen
Und während die Musikgeschichte die Tonalität verabschiedete, komponierte Kreisler für sich selbst ganz im Stile alter Barockmeister und provozierte damit einen der unterhaltsamsten Skandale der Musikkritik. Das kam so: Schon vor 1910 entstanden Kreislers Eigenkompositionen, darunter die "Klassischen Manuskripte". Sie sorgten aber erst 25 Jahre später für einen Eklat.

Denn Kreisler gab vor, es handle sich dabei um die verschollenen Werke alter Meister. Die Noten hätte er in einem Kloster bei Avignon entdeckt und den Mönchen um viel Geld abgekauft.

Aber die Geschichte war frei erfunden. Tatsächlich hatte Kreisler die Stücke im Stil der Barockmusik selbst geschaffen.

Ausgerechnet an seinem 60. Geburtstag, den Kreisler in Wien verbrachte, wurde er als Urheber enttarnt.

Bekenntnis zu Wien

Während des Ersten Weltkriegs komponierte Kreisler die Operetten "Apple Blossoms" und "Sissy" sowie das selten aufgeführte Streichquartett in a-moll. Als sein "Bekenntnis zu Wien".

"Wenn Kreisler seine Geige aus dem Kasten nahm und spielte – ja, wie soll ich das beschreiben? Er spielte nicht nur die Violine, er wurde die Violine, oder besser gesagt, die Violine wurde Fritz Kreisler", sagte Bruno Walter zum 75. Geburtstag des bis heute für das "Wienerische" in seiner Musik verehrten Künstlers in New York.

"Er hat eine mysteriöse Wesensgleichheit mit der Geige. Von Geburt an war seine rechte Hand für den Bogen, seine links Hand für das Griffbrett geschaffen, und Musik war der Grundstoff seines Herzens."

Spezieller Geigenton

Sein Geigenton war von einer besonderen Wärme, konnte lieblich bezaubern, war dennoch nicht überladen und blieb vielseitig. In seinem Doppelgriffspiel konnte Kreisler über mehrere Takte hinweg auf beiden Tönen vibrieren und deutlich artikulieren.

Erhalten geblieben sind von Fritz Kreisler neben rund 200 Kompositionen und Arrangements zahlreiche Plattenaufnahmen. Sie lassen heute noch erahnen, wie innig, zu Herzen gehend sein Ton gewesen sein muss. www.fritzkreisler.com