Sind Männer mit 50 tausendmal schöner als 20-Jährige?
Von Peter Pisa
Würde er nicht so angeberisch schreiben ...
"Die Gläser bewirkten beim Aneinanderstoßen exakt dasselbe Klingeln wie das des Triangels im dritten Satz des Klavierkonzerts in F-Dur von George Gershwin."
(War’s denn nicht doch eher die Triangel in Haydns Militärsinfonie, zweiter Satz, Allegretto?)
Und würde er sich nicht einmischen in die Handlung, in diese Liebesgeschichte von "Oona & Salinger" – so in der unangenehmen Art: ICH hab’ auch eine junge Frau ...
... dann wär’ er nicht Frédéric Beigbeder.
Pflanzen
Ein Popstar der französischen Literatur. 49 ist er, im vorigen Jahr hat er eine 23-Jährige geheiratet (sie ihn).
Das steht gleich am Anfang des Buches, das sich eigentlich um den legendären amerikanischen "Fänger im Roggen"-Autor J. D. Salinger kümmern will.
Um dessen große Liebe Oona O’Neill, Tochter von Eugene, dem Dramatiker des Scheiterns und Nobelpreisträgers.
Salinger war ein langer Lulatsch von 21, Oona 15, als er sie im New Yorker Stork Club kennenlernte. Ihre kurze Beziehung 1941/1942 verlief sehr diskret, Beigbeder konnte also viel erfinden.
Allerdings war er nicht so bei der Sache, weil er seine Weisheiten loswerden musste. Zum Beispiel:
"Nur alte Leute interessieren sich für Blumennamen: Sie wollen die Pflanzen kennen, die bald über ihnen wachsen."
Oona heiratete jedenfalls lieber den um 50 Jahre älteren Charlie Chaplin und bekam acht Kinder.
J. D. Salinger flüchtete in die Armee. Er war bei der Invasion der Normandie dabei – was Beigbeder dazu verleitet, von den 50.000 schwarzen US-Soldaten zu berichten, die an der Siegesparade auf der Champs-Élysées nicht teilnehmen durften.
Überall Rassisten.
Schlimmer, guter "Stoff" – aber in "Oona & Salinger"?
Der Roman gipfelt im fiktiven Gespräch der beiden, nach Chaplins Tod. Die alkoholkranke Oona verteidigt sich, wie’s Beigbeder hören mag. Sie sagt zu Salinger:
"Ich habe mich verliebt. Männer sind mit fünfzig tausendmal schöner als mit zwanzig. Ich habe mich nicht geopfert. Es gibt nichts Interessanteres auf Erden, als sich um jemanden zu kümmern. Und außerdem ist Kindermachen gut, wenn man depressiv ist."
Schon gut. Schöner wäre gewesen, hätte man im Roman miterleben können, wie Salinger im Alter eine Krankenschwester heiratete, die ausgerechnet O’Neill hieß ...
KURIER-Wertung:
INFO: Frédéric Beigbeder: „Oona & Salinger“ Übersetzt von Tobias Scheffel Piper Verlag. 304 Seiten. 20,60 Euro.