Kultur

Franck Ribéry spielt im Krieg mit

Man kann über den Jemen schreiben, wenn man in Waidhofen an der Ybbs sitzt.

Man kann über die Menschen in einem Schweizer Spital in der Hauptstadt Sana’a schreiben, über indische Krankenschwestern und jemenitische Ärzte und ausländische Chirurgen und über das Misstrauen und den Zweifel ... aber in diesem Fall ist es schon sehr gut, wenn es Evelyn Schlag tut.

Sie lebt in Waidhofen an der Ybbs. Sie hat den Mut, über unbekannte Grenzen zu gehen, mit Poesie zur Politik.

Und ist im Roman "Yemen Café" mitten im Krieg, der von der Welt übersehen wird. (Schiitische Huthis gegen die sunnitische Regierung, und Saudi-Arabien wirft Bomben, und die USA schicken Drohnen ...) 370.000 Kinder unter fünf sind dort derzeit vom Hungertod bedroht.

Ein ARD-Korrespondent sagte kürzlich im TV: Die Kinder seien zu schwach zum Weinen.

Da kann man sich schon fragen, ob der Arzt aus Österreich am richtigen Ort ist. Denn er operiert in einem Spital, das nur für Privilegierte offen steht. Es wird hausgemachten Terror geben.

Frauen im Kopf

Man kann sich viel fragen beim Lesen, Evelyn Schlag wird – während sie sich um einzelne Schicksale kümmert – nichts vorkauen. Übrigens ist die Schriftstellerin Tochter eines Arztes.

Ihr (Roman-)Chirurg Jonathan Schmidt aus Wien hat ständig eine andere Frau im Kopf und zunächst jedenfalls keine Zeit, um sich auch noch darum zu kümmern, ob er auf der falschen Seite steht. Er wird merken, dass Privates und Politisches nicht zu trennen sind.

Franck Ribéry spielt mit. Muss er. Der Pfleger der Dialysestation ist nämlich ein Fan des französischen Bayern-München-Fußballers. Wie die sportbegeisterte Evelyn Schlag.

Wenngleich sie heute nicht mehr weiß, ob sie Ribéry in ihrem alten Gedicht gemeint hat – das so geht:

Ich finde, bringen tut’s der Arsch. Wenn er sich bückt,Wenn er den Ball hinlegt.Moment, die Nudeln kochen.

Pardon, "Yemen Café" ist eine zu ernste Angelegenheit.

Evelyn Schlag:
„Yemen Café“
Zsolnay Verlag. 368 Seiten. 24,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****