Kultur

Bilder vom Urknall der feministischen Kunst

Sie war eine altmodische Künstlerin, von jener professionell unprofessionellen Art, die nie das auf die Reihe kriegt, was man das wirkliche Leben nennt.“ So erinnert sich die Autorin Betsy Berne an ihre Freundin Francesca Woodman. 1981, mit nur 22 Jahren, schied diese freiwillig aus dem Leben.

Die Kunst, die sie in den neun Jahren zuvor schuf – primär Fotografien und Videos – ist in ihrer Stimmigkeit und Stimmungsgeladenheit schlicht umwerfend. Nicht umsonst wurde Woodman bald nach ihrem Tod zu einer Ikone der feministischen Kunst. Besonders junge Frauen, erzählt die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen, identifizieren sich bis heute mit der sensiblen, an der Welt leidenden Künstlerin, die in ihrer Arbeit durchaus auch Humor zeigen konnte.

Die Sammlung Verbund, die schon das Frühwerk von Woodmans Zeitgenossin Cindy Sherman aufarbeitete, hält mit 80 Arbeiten die größte Woodman-Sammlung außerhalb des Nachlass-Archivs. In der Verbund-Zentrale ist bis 21. Mai eine Auswahl zu sehen (jeden Mittwoch 18 Uhr im Rahmen von Führungen, Eintritt frei). In einem von Sammlungsleiterin Gabriele Schor und Bronfen herausgegebenen Buch (Verlag der Buchhandlung Walther König, 48 €) sind die Werke mustergültig reproduziert.

Schor und Bronfen wollten den Schatten, den Woodmans Selbstmord unweigerlich auf ihr Werk zurückwirft, umschiffen. Denn die Tochter eines US-Künstlerpaares dokumentierte nicht nur ihre Befindlichkeit, sie inszenierte durchdachte Bilder, nahm Vorbilder der Kunstgeschichte auf und lotete die Grenzen von Schrift und Bild aus.

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Alphabet

Es verblüfft zu sehen, wie Woodman damit ein Vokabular der feministischen Bildsprache ausbuchstabierte: Der weibliche Körper wird da übermalt, in Märtyrerposen geworfen, maskiert oder in Vitrinen gesteckt, der Betrachterblick gebrochen und zurückgeworfen.

Die Österreicherin Birgit Jürgenssen hat den Körper auf nicht unähnliche Art zum Sprechen gebracht, wie auch die Schau „Das Alphabet der Birgit Jürgenssen“ in der Wiener Galerie Hubert Winter zeigt (bis 1.3., www.galeriewinter.at). Künstlerinnen wie Ana Mendieta (ab 29.3. im MdM Salzburg) gelangten zeitgleich und eigenständig zu einer ähnlichen Bildsprache. Gerade weil sich in drei Jahrzehnten so viel Theoriestaub über diese Kunst gelegt hat, lohnt sich ein frischer Blick: Der Geist des Experiments glüht noch immer in ihr.