Felicitas Hoppe: Kann sein, dass man gar nicht nach Amerika will
Von Peter Pisa
Es ist überraschend schwierig, in diesen Text hineinzufinden. Hängenzubleiben und dann mitzureisen durch Amerika zwischen Traum und Wirklichkeit.
Kann gut sein, dass man auf der Straße stehen bleibt, während der rubinrote Ford Explorer davonfährt und dann eineinhalb Monate unterwegs ist.
So unangestrengt
Felicitas Hoppe – Büchner-Preisträgerin von 2012 – schreibt, ein Plauderton mit Stil ... so anstrengend ist das Lesen dieser kurvenreichen Sätze und Sprünge.
Am angenehmsten ist diese Gesellschaft, wenn sich Felicitas Hoppe exakt an Ilf und Petrow hält. Denn darum geht es im Buch „Prawda“:
Naja. Es geht AUCH darum.
1935 schickte die sowjetische Parteizeitung, die in ihrem Namen die Wahrheit trägt, die satirischen Schriftsteller Ilf und Petrow nach
Amerika.
Sie besichtigten den ersten Elektrischen Stuhl, eine Striptease-Show, sie interviewten Henry Ford, Hemingway, Arbeitslose, Indianer, arbeitslose Indianer ... und nachts im Hotel fanden sie den Lichtschalter (= eine Schnur zum Ziehen) eine ganze Nacht lang nicht. Einiges am Kapitalismus hat ihnen trotzdem gefallen – wie „Das eingeschossige Amerika“ (Die Andere Bibliothek, 41,20 Euro) beweist.
Hoppe reiste den Russen 80 Jahre später nach, ebenfalls auf der Suche nach dem wahren Amerika. Aber wer sie kennt – zuletzt hat sie eine völlig geschwindelte Autobiografie veröffentlicht („Hoppe“) –, wird ihr nicht über den Weg trauen.
Die Frau hat Visionen. Zum Beispiel auf dem Weg nach Chicago im Shorecrest Motor Inn: In einer Schublade lag eine tote Katze, bei der das rechte Auge offen war, das linke nicht ...
Kann ja sein, dass das einfach nicht der Tag war, um mit ihr fortzufahren.
Felicitas
Hoppe:
„
Prawda“
S. Fischer.
320 Seiten.
20,60 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern