Faszinierende Kunst aus Knoten
Inszenierte Illusion: Scheinbar fliegende, scheinbar schwebende Teppiche. Die Wiener Sammlung an kunstvoll Geknüpftem – mit kostbaren persischen und mamlukischen Teppichen des 16. und 17. Jahrhunderts – ist weltberühmt.
"Nur in Wien weiß man das nicht", sagte MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein bei der Neupräsentation der Preziosen.
Zunächst war die Textilabteilung gefordert: Vorab haben fünf Restauratorinnen einige Teppiche für die Präsentation speziell bearbeitet. Stücke wurden gewaschen, Altrestaurierungen beseitigt, Fehlstellen kaschiert, Klettbänder aufgenäht.
Visualisierung
Um den Eindruck der Schwerelosigkeit zu erwecken, hat der Wiener Designer Michael Embacher – bereits Gestalter der "Wien-um-1900"-Neuaufstellung des Museums – ein eigenes Raumkonzept entwickelt:
Getragen von dünnen Stahlseilen, die an 300 Verankerungspunkten an der Wand befestigt sind, schweben die mehr als 30 Exponate quasi im Raum, dem Betrachter in einem jeweils anderen Winkel zugeneigt. Vorgesehen ist alle zwei, drei Jahre ein Austausch einzelner Stücke aus der Sammlung, die überwiegend aus ehemals kaiserlichem Besitz stammen.
Embacher wollte "den Teppich als dreidimensionales Objekt in seiner ganzen Plastizität zeigen, mit veränderlichen Farben, Texturen und Materialitäten".
Wer den Saal betritt, wünscht sich allerdings spontan mehr Licht. Erst allmählich gewöhnen sich die Augen ans aus konservatorischen Gründen notwendige abgedunkelte Milieu.
"Heller geht’s nicht", sagt Thun-Hohenstein. "Wir beleuchten die wertvollen Exponate mit der maximal zulässigen Lux-Stärke."
Impressionen der Sammlung
"Wiener Jagdteppich"
Faszinierend ist für die Kuratorin Barbara Karl "neben den Farben und der Formenvielfalt der einzigartigen Objekte von unvergleichbarer Qualität und Schönheit vor allem die Tatsache, dass man an den Teppichen auch die Verbindungen zwischen unterschiedlichen Kultursphären nachvollziehen kann".
Der "Superstar" der Sammlung und einer der feinsten Teppiche der Welt ist der im Zentraliran der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts geknüpfte "Wiener Jagdteppich" aus Seide. Er wurde Anfang des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich in Kaschan hergestellt – mit 14.300 Knoten pro Quadratdezimeter.
Und hoch droben über allem, unter der Decke, schwebt ein ephemerer Engel aus Goldfäden – eine künstlerische Intervention der Türkin Füsun Onur.
Was ist das Besondere an den Teppichen der "Wiener Sammlung"? Sie stehen ganz am Anfang der Epoche, in der sich der Orientteppich vom exotischen und kostbaren Einrichtungsgegenstand zum Objekt ernsthafter wissenschaftlicher Sammlungstätigkeit und Forschung entwickelt hat – und schließlich zum anerkannten Kunstgegenstand. Der nächste Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 150-Jahr-Jubiläum des MAK ist dann die Eröffnung des 2.000 Quadratmeter großen MAK Design Labors – eine radikale Neupositionierung der ehemaligen MAK-Studiensammlung.
Und ein bewusster Gegenentwurf zur MAK-Schausammlung. Eröffnet wird am 12. Mai.
Info: Permanente Schausammlung Teppiche, MAK, 1., Stubenring 5, Di. 10–22, Mi.–So. 10– 18 Uhr; jeden Di. 18–22 Uhr Eintritt frei; MAK/Guide Teppiche, Prestel Verlag, 9,90 €, www.MAK.at