Kultur

Famos im Werk X: "Bibi Sara Kali"

Die schwer an Krebs erkrankte Jelena will noch einmal Bibi Sara Kali, der Schutzpatronin der Roma und Titelgeberin von Ibrahim Amirs und Simonida Selimovićs Stück, huldigen. Zum Fest dieser indischen Göttin, die auch die Roma verehren, bricht sie mit einem Flix-Bus nach Boljevac auf. Vor 27 Jahren war sie mit ihren beiden kleinen Töchtern, mit der dritten war sie damals schwanger, aus dem serbischen Dorf nach Wien ausgewandert. Sie wollte nicht, dass ihr Töchter wie sie mit 16 zwangsverheiratet werden, wollte ihnen ein besseres Leben ermöglichen. Das hat sie geschafft. Diese Reise aber sollte ihre letzte sein, sie erliegt ihrer Krankheit.
 

Die Töchter reisen an, um ihre Mutter zu beerdigen. Simonida Selimovic inszeniert und spielt selbst mit. Sie zeigt auf der karg eingerichteten Bühne (Mira König) im Werk X Petersplatz die autobiografisch gefärbte Geschichte, Filmeinspielungen von Nina Kusturica inklusive in kompakten, kurzweiligen 80 Minuten große Themen zur Sprache. In knappen Szenen wird die Zerrissenheit einer jungen Generation spürbar, die gegen Traditionen aufbegehrt, denen sie sich in gewisser Weise verpflichtet fühlt. Denn als die Mutter in Wien erste rassistische Anfeindungen erlebte, schloss sie mit ihrer Vergangenheit als Rommi ab. Auch von den Töchtern hielt sie alles, was ihre Wurzeln anlangt, fern. In Boljevac aber sind die drei zum ersten Mal mit den Riten und ungeschriebenen Gesetzen der Roma konfrontiert. Nichts lassen Amir und Selimović in ihrem furiosen Text aus. Es geht um das Ringen der Frauen um Selbstbestimmtheit, um Feminismus, Rassismus und auch um Serbiens EU-Beitritt. Gespielt wird vom gesamten bejubelten Ensemble (Zeynep Alan, Jasmin Behnawa, Valentina Eminova, Ljubinka Nikolić, Ingeborg Schwab, Simonida Selimović) famos.

Von Susanne Zobl