Kultur

So hässlich kann man gar nicht sein ...

Das ist ein Schuss ins Gesicht; und dann sitzt man ziemlich verdattert, 288 Seiten lang, mit dem Buch in der Hand.

War ja nicht ganz vorherzusehen, dass Fabian Eder derartig trifft.

In seinem vorangegangenen Staatskrimi "Aufstand" über die privatisierten Wiener Wasserleitungen war Eder zwar engagiert und kämpferisch gewesen, aber mit einem Helden, nah am Wiener Original WaLuLiSo gebaut, auch sehr verspielt.

Jetzt aber wollte er es krachen lassen.

Zumal der Filmregisseur ("Tatort") und Drehbuchautor ("Ich und Kaminski") seit seiner Schulzeit fasziniert ist vom Hässlichen:

Damals von der Geschichte der Margarete Maultasch aus dem 14. Jahrhundert, der die Hässlichkeit von den Tiroler Landherren nach ihrem Tod in Bildern angedichtet worden war.

"Ein mittelalterlicher Shitstorm", so Eder im KURIER-Gespräch. Nach historischen Quellen sah sie allerdings gar nicht wie ein Monster aus.

Neue Munition

Er will dieses Frauenporträt irgendwann verfilmen.

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Sein "Das Gesicht der Anderen" scheint dafür auch geeignet:

Der Waffenfabrikant Boll präsentiert seinen Gästen im eigenen Schlosspark stolz seine neue Pistole. Auch das Projektil ist neu, mit winzigen, rasierklingenscharfen Teilchen, die im Ziel förmlich explodieren.

Unbeabsichtigt löst sich eine Kugel und zerfetzt das Gesicht seiner hübschen 17-jährigen Tochter Margarete.

Boll bringt sich bald danach um (und nimmt seine Frau mit). Margarete überlebt: Sie hat keinen Mund mehr, sondern ein Loch. Sie hat keine Nase mehr, sondern zwei Löcher. Die Augen sind in unterschiedlicher Höhe.

Margarete trägt eine Maske, aber wird sie eines Tages fallen lassen. Denn als reiche Erbin hat sie Macht und viel Geld, und das ist erotisch – egal, wie man aussieht.

Na gut, da hätten wir also eine Schauergeschichte.

Aber wir bekommen mehr. Fabian Eder interessiert auch: Was um alles in der Welt hinterlassen wir unseren Kindern?

Margarete hat geerbt, womit sie verunstaltet wurde. Waffen. Wie sie damit umgeht – das ist, nach dem ersten Schock, das Fesselnde dieses Romans.

Es ist nicht eindeutig, dass "Das Gesicht der Anderen" in Österreich spielt, aber (so Eder) "hier werden die beliebtesten Faustfeuerwaffen der Welt produziert – gibt’s auch im Internet zu kaufen, sogar in Pink, für die Frau."

Wohlstand ist auf Waffen gebaut. Obwohl sie nur zum Töten da sind.

KURIER-Wertung: