Kultur

Es wird wohl auch Bequemlichkeit sein

Bei 669 Seiten über die Liebe ist es gewagt, diesen Roman "Die Liebe in groben Zügen"zu nennen.

Bodo Kirchhoff hat in seinem zwölften Buch das Thema sehr ernst und sehr genau genommen.

Ein toller – ’tschuldigung – "Ziegel" ist das, der klingt und uns viel zu sagen hat. Es war überraschend, dass er es nicht ins Finale um den Deutschen Buchpreis geschafft hatte.

Vielleicht störte die Üppigkeit, von der man einiges hätte weglassen können.

Muss ja nicht gar so oft gegessen und getrunken werden. Risotto und Wein, Hendl und Karfiol bringen hier nicht viel weiter.

Luxus

Vielleicht aber irritierte die Jury auch, dass das beschriebene Frankfurter Ehepaar so derartig "drüber" ist.

Eine Villa für den Sommer am Gardasee, teure Autos, kein Problem, mit dem Flugzeug kurz zur erwachsenen Tochter nach Kuba zu hüpfen ..., aber dieser Luxus, in dem die Liebe beobachtet wird, passt freilich zum Kontrast des zerlumpten Franz von Assisi, immer den Spatzen nah, und "seiner" Klara.

Auch um deren Liebe geht es. Die war halt etwas anders. Zitat Bodo Kirchhoff: "Sie beide sind ein Kästlein, das besser zubleibt."

(Der Autor wird aber dennoch nicht davor zurückschrecken, das Kästlein für 1 x Sex aufzusperren.)

Liebe

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Wie offene Türen sind hingegen die beiden Hauptfiguren.

Die Ehefrau heißt Vila, ist knapp über 50 und macht Kulturtipps fürs Mittagsfernsehen.

Ihr Mann heißt Bernhard, aber alle sagen nur Renz zu ihm. Über 60 ist er und Drehbuchautor für Vorabendserien. Seit vielen Jahren sind sie zusammen. Wird wohl Liebe sein, und bestimmt ist auch die Bequemlichkeit dazu gekommen.

Dass uns der 64-jährige Bodo Kirchhoff etwas erzählt, das nicht gar so weit weg von seinem eigenen Leben ist, gab er in Interviews zu.

Auch er und seine Frau hatten bzw. haben es "lustig" miteinander, und ein Haus am Gardasee, wo er Schreibseminare gibt (die von ihr organisiert werden, haben die Zwei auch.

Irrtümer

Wunderbar melodiös zieht sich das Motto durch den Roman:

"Lange Ehen sind geliebte Irrtümer."

Renz fängt eine Affäre mit einer 40-jährigen TV-Kollegin an, und Vila ver­schaut sich in einen jungen Schriftsteller, der im Winter an den Gardasee zieht, um an der Biografie des Heiligen Franz von Assisi zu arbeiten.

Man dringt lesend zu der Einsicht vor: Die Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann – sogar gemeinsam: Also werden Eheleute (im Roman und überhaupt) zusammenbleiben.

KURIER-Wertung: **** von *****

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