Kultur

Die Wachau übt, wie Sizilien zu werden

Überspitzt formuliert: Passt man sehr genau auf, wird man gegen Ende vielleicht feststellen können, dass sich die Wachau sehr bemüht, wie Sizilien zu sein. Auch geht der Maybach eines ukrainischen Oligarchen in die Luft, es ist also ein gewisses Spannungselement vorhanden.

Aber niemand wird danach suchen.

Jeder ist froh –naja, jeder vielleicht nicht –, dass Erwin Riess aus Wien-Floridsdorf wieder in der Geschichte stierlt; und wenn sein Alter Ego, der querschnittgelähmte Herr Groll, mit seinem Rollstuhl namens Joseph (es ist bereits Joseph III.) diesmal in der Wachau unterwegs ist, dann muss z. B. von ihm daran erinnert werden:

In Krems waren die Nazis außer Rand und Band – sie erschlugen ihre 200 jüdischen Mitbürger gleich auf offener Straße, was nicht einmal der NS-Behörde recht war.

So gesehen, sollten wir alle Groll heißen und gegen Rassisten, Idioten, Ausbeuter kämpfen.

Und ebenso gegen Stufen und zu enge Türen, auch wenn wir selbst keinen Joseph brauchen.Die Heurigen und Restaurants in der Wachau sind fast alle nicht barrierefrei – was Groll ausnahmsweise nicht stört, denn: "Durchgehend geschlossen".

Die Gastronomie habe es nicht mehr notwendig, aufzusperren.

Gneixendorf

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Angenehm frech schreibt Erwin Riess. Herrlich frisch ist seine Mischung aus Oskar Werner, Haydn, Billy Wilder, Sigi Maron ... Und ist es angebracht, kann er zum Lachen bringen: Etwa bei der Vorliebe rechter Politiker für Tunnelröhren und Lärmschutzwänden.

Aber kommt der Groll nach Gneixendorf, wo die SS ein großes Kriegsgefangenenlager geleitet hat (STALAG XVII B), wird es ernst: Bei einer einzigen Grabung wurden die Leichen von 1700 sowjetischen Soldaten entdeckt. Flugzeuge starten und landen hier auf einem Massengrab. Und kein Denkmal, keine Tafel wurde von der Stadt bzw. der Republik für notwendig erachtet ...

"Herr Groll und das Ende der Wachau" ist der fünfte Roman. Es ist höchste Zeit, dass der ORF den Plan für einen Groll-Fernsehfilm wahr macht.

Sollte jemand nicht so gern Zweigelt trinken – das passt: Fritz Zweigelt, Direktor der Klosterneuburger Weinbauschule, war schon ab 1933 NSDAP-Mitglied und hat mehrere Schüler denunziert.

Wird in Wein-Lexika mitunter verschwiegen.

Wird bei Riess selbstverständlich erwähnt.

KURIER-Wertung: