Kultur

Eros: Wenig Schlaf, viel Liebe

So sieht es aus, das perfekte Leben des Eros Ramazzotti: Er ist mit dem 26-jährigen Model Marica Pellegrinelli verheiratet, im März zum dritten Mal Vater geworden. Und er hat ein neues Album. Das wird von den Kritikern – nach einer durch die Scheidung von Michelle Hunziker ausgelösten Lebens- und Schaffenskrise – als gelungenes Comeback gefeiert. Für den Sound von "Perfetto" bedeutet das: Geradliniger Pop-Rock ohne Elektronik, ambitioniert interpretierte Songs, von denen aber keiner herausragend ist. Im KURIER-Interview plaudert der 51-Jährige über seine Kinder, die italienische Kulturpolitik und Windel-Dienste.

Ich nehme an, der Titel Ihres Albums ist eine Reflexion Ihrer derzeitigen Lebenssituation ...

Eros Ramazzotti: Ganz genau! Die Lebenssituation, in der ich jetzt bin ist die beste, die man haben kann. Diese Liebe ist die beste, die ich je hatte. Und auch wenn ich momentan wegen der Wach- und Schlaf-Rhythmen des Babys extrem müde bin, genieße ich dieses Privileg, durch meine Familie so viel Positives zu erfahren. Und das hatte sicherlich großem Einfluss auf die neuen Songs.

Stehen Sie denn in der Nacht auf, um Windeln zu wechseln?

Nein, das nicht. Meine Frau und ich, wir haben eine Vereinbarung: Bis Mitternacht tue ich alles, um bei der Versorgung des Babys zu helfen. Danach übergebe ich, und sie kümmert sich alleine um unseren Sohn Gabrio.

In dem Song "Tra Vent’anni" denken Sie darüber nach, wie es ist, wenn die Kinder erwachsen sind und ihr eigenes Leben führen. Fiel es Ihnen schwer, ihre bereits 19-jährige Tochter Aurora loszulassen?

In dem Song geht es um mein jüngstes Kind. Ich habe versucht, mir vorzustellen, wie unsere Beziehung in zwanzig Jahren sein wird, wenn er erwachsen ist. Es ist ein hoffnungsvoller Song darüber, wie sich diese Generation entwickeln wird.

Aurora, die Tochter aus Ihrer Ehe mit Michelle Hunziker, strebt auch eine Musik-Karriere an. Welche Tipps geben Sie ihr dafür?

Musikalische Tipps gebe ich ihr keine. Ich gebe ihr Ratschläge in Bezug auf das Leben, dass sie auf alles gut vorbereitet ist, was im Leben auf sie zukommen könnte. Zum Beispiel, dass sie in allem was sie tut – egal, ob sie Sängerin werden will, oder ans Theater gehen – immer anstreben sollte, dabei die Beste zu sein. Ich will ihr auch vermitteln, wie wichtig Werte wie Respekt gegenüber anderen Menschen, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit sind. Aber ich denke, wir Eltern haben ihr in diesem Sinn ohnehin schon alles gegeben, was sie braucht, um als Frau alleine in der Welt zu bestehen.

Sie sind ein Fan von Jazz und Rap. Haben Sie einmal daran gedacht, ein ganzes Album in einem dieser Stile zu machen?

Ich liebe speziell die Rap-Musik, weil die die Pop-Musik unserer Zeit ist. Weil Rapper die Singer/Songwriter unserer Zeit sind. Vor 20 oder 30 Jahren haben die großen italienischen Sänger in ihren Liedern über soziale Situationen und Politik gesprochen. Jetzt machen das die Rapper und sind so der Spiegel unserer Zeit. Und bezüglich Jazz- oder Rap-Album: Pop-Musik ist eine Verschmelzung von so vielen Genres, also lasse ich das ohnehin immer wieder in meine Songs einfließen.

Warum schreiben Sie keine politischen Lieder, wenn Ihnen die wichtig erscheinen?

Erstens ist es eine Utopie, dass man mit politischen Song etwas erreichen oder verändern kann. Es ist zumindest sehr, sehr schwierig. Und man begibt sich damit auf eine ganz bestimmte Schiene, die mir wie eine Einbahnstraße vorkommt.

Apropos Politik: Es gab jüngst in Italien drastische Kürzungen bei den Förderungen von Oper und der Hochkultur ...

Das ist tatsächlich eine sehr, sehr traurige Situation. Aber wenn da die Politik nicht dahinter steht, wenn die wirtschaftliche Situation nicht optimal ist, kann man nichts dagegen tun. Dazu kommt, dass wir in einer rasanten Welt leben, in der sich immer weniger Leute die Zeit nehmen, sich mit Kunst zu beschäftigen. Diese beiden Faktoren zusammen sind eine große Gefahr für die Kunst. Wenn wir sie verlieren, verlieren wir aber eine der besten Ausdrucksformen, die wir haben. Wir verlieren Nahrung für die Seele – und damit ein Stück der Fähigkeit, uns weiterzuentwickeln.