Enzensberger: Der innere Wert des Papiergeldes
Von Peter Pisa
Gut ist das, wenn jemand mit uns über Geldwirtschaft redet wie mit einem Kind.
Es gibt ja sogar Banker, Politiker, Wissenschaftler, die keine Ahnung haben, was Geld ist, obwohl sie es ständig im Kopf haben.
Noch besser ist es, wenn dieser Jemand einer der bedeutendsten deutschen Intellektuellen ist:
In dem kleinen Roman "Immer das Geld!" verwandelt sich Hans Magnus Enzensberger, 85 ist er, in die Tante Felicitas, 85 ist sie.
In dieser Kostümierung kann er sich auch Untergriffe erlauben, so in der Art: Je größer das Büro ist, desto unnützer ist, was die Bankleute, die Journalisten und Anwälte da drinnen treiben.
Viel Brauchbares fürs bessere Wirtschaftsverständnis wird man von Enzensberger leider nicht erfahren.
Das Wort "charmant" drückt gut aus, was für einen Begleiter man in dieser Geschichte hat.
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Felicitas ist reich. Die Deutsche stammt aus wohlhabender Familie, und auch ihre Ehemänner hatten Geld. Jetzt lebt sie in einer Villa am Genfer See, aber besucht ihre weniger betuchten Verwandten in München, wo sie selbstverständlich in den Vier Jahreszeiten residiert.
Das gibt Enzensberger reichlich Gelegenheit, Werbung zu machen. Wie fein das Essen und wie groß der Pool am Dach ist. Das Hotel wird es gewiss honorieren. (Was irgendwie gut zum Thema passt.)
Tante Felicitas erzählt ihren Nichten und Neffen im Alter von sieben bis 17 von Gier und Geldschöpfung, von der BIZ (der Zentralbank der Zentralbanken), von Hochfrequenzhändlern und den 20 Reichsten der Welt.
Sie vergisst nicht den Hinweis, dass Bettler einen ehrwürdigen Beruf haben.
Die Kinder verstehen schnell. Hans Magnus Enzensberger hat kluge Kinder als Zuhörer erfunden – die älteste Nichte hat schon das "Manifest" gelesen (und ist wütend, weil sie NUR mit Notendurchschnitt 1,3 maturiert hat; also völlig plemplem ... trotz Marx).
Dann stirbt die Tante.
Deshalb kann noch ein bissl was übers Erben erklärt werden ... und dem allen ist ein Satz von Voltaire vorangestellt:
"Papiergeld kehrt irgendwann zu seinem inneren Wert zurück – null."
Orakel
Der Text wird durch Fotos und Grafiken aufgelockert, die zum Teil informieren, zum Teil die Ironie unterstreichen. Der bekannte Buchgestalter Franz Greno hat "inszeniert".
Überall sind Zitate und Tantensprüche untergebracht, und Enzensberger empfiehlt den Gebrauch als Orakel: Man fährt mit dem Zeigefinger, ohne hinzusehen, auf irgendeine Zeile ...
Na ja. Der nächste Versuch klappt besser. Ein Zitat aus "Die Heimkehr" von Somerset Maugham:
"Ich habe immer nur Geld verdient, um es auszugeben. Das können nicht viele von sich behaupten!"