Elvis Costello: Sechs Gitarren und ein Hut
Von Michael Huber
Im Lauf seiner über 35-jährigen Karriere hatte Elvis Costello sprichwörtlich viele Hüte auf: Er verkörperte die Rolle des wilden Rockers, des Jazzsängers, des Entertainers. Bei seinem bejubelten Solo-Konzert im Wiener Konzerthaus am Montag behielt der 57-Jährige zweieinhalb Stunden lang den selben Hut auf - und doch schaffte er es mühelos, die vielen Facetten seines Schaffens mit Leben zu erfüllen.
Eine Band hatte Costello schon deshalb nicht nötig, weil seine markante Stimme mit ihrem Farbenreichtum allein in der Lage ist, die Richtung vorzugeben: Es reicht ein wenig mehr Druck hier, ein Seufzer dort, um von opernhafter Breite auf rockistische Aggression oder samtiges Jazz-Flair zu wechseln.
Sechs Gitarren, ein Hut und die Wahrheit
Costello kombinierte dieses Talent mit einer klugen Abfolge von Songs und der Fähigkeit, auf seinen Gitarren (insgesamt sechs an der Zahl) entscheidende Akzente zu setzen: Selbst bei rockigem Material wie "Watching The Detectives" wirkte der Sänger mit seinen Rockstar-Gesten nicht verloren, bei "Every Day I Write the Book" oder "A Good Year For The Roses" beeindruckte er mit sensiblem Timing.
Als Costello dann das Mikro beiseite stellte und unverstärkt einige Titel im Ragtime-Feeling zum besten gab ("A Slow Drag With Josephine"), hatte er das Publikum in der Hand. Wie sehr der Sänger in Musik denkt und fühlt, zeigte sich auch bei spontanen Erweiterungen seiner Songs: Von "New Amsterdam" ging es flugs in den Beatles-Song "You've got to hide your love away" und zurück. Später, als Costello die Gitarren gegen den Bösendorfer-Flügel getauscht hatte, wanderte er von seiner Ballade "Almost Blue" in den Jazz-Standard "My Funny Valentine". Es war wohl eine Hommage an den Trompeter und Sänger Chet Baker, der beide Titel unvergesslich interpretiert hatte - und ein Zeichen, dass Costello zweifellos neben solchen Legenden stehen kann.
KURIER-Wertung ***** von *****