Kultur

Ein Spieler mit Geld und Leben

Um coole Sprüche war Andy Warhol (1928–’87) nie verlegen. „Wenn man vorhat, ein Bild für 200.000 Dollar zu kaufen“, sagte er, „dann finde ich, man sollte das Geld nehmen, es zusammenbinden und an die Wand hängen. Wenn dann Besucher kommen, ist das Erste, was sie sehen, Geld an der Wand.“

Auch wenn Warhol gerade nicht Dollarnoten malte oder als Siebdruckserien reproduzierte, ist sein Werk heute oft nur mehr das: Geld an der Wand. Die Bilder von Liz, Marilyn oder Elvis sind heute weniger Ikonen der Medien als solche des Marktes, und Kunstfans ohne das nötige Geld haben sich nicht selten an ihnen sattgesehen.

Es ist ein Verdienst der Schau „Yes! Yes! Yes! Warholmania in Munich“ (bis 18. Oktober), dass es ihr gelingt, den müden Blick neu anzufachen. Das Münchener Museum Brandhorst zeigt dabei erstmals seine gesamten Warhol-Bestände, mehr als 100 Werke aus allen Schaffensperioden – doch der Fokus liegt auf dem weniger bekannten Spätwerk des Künstlers.

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Direktor Achim Hochdörfer, der bereits als Kurator im Wiener mumok Ausstellungen zu Claes Oldenburg oder Cy Twombly realisierte, hat mit Co-Kuratorin Patrizia Dander die Werke in einem klugen Parcours arrangiert. Die bestellten Porträts von Sammlern, die Warhol in den 1980ern quasi am Fließband herstellte, verblassen dabei neben abenteuerlichen Großformaten, in denen Warhol abstrakte Kunst geistreich auslotete.

In den „Camouflage“-Bildern von 1986 verschwand das künstlerische Genie, das der landläufigen Auffassung nach hinter abstrakten Bildern stecken musste, in einem Tarnmuster; in der „Rorschach“-Serie (1984) gelangte Warhol im Abklatsch-Verfahren zu Motiven, wie sie auch bei Psycho-Tests verwendet werden. In den „Oxidation Paintings“ ersetzte Warhol die künstlerische Geste durch einen Assistenten, der auf eine mit Kupferfarbe bestrichene Leinwand pinkelte und „malte“.

Nichts als Schatten

Von Kritikern wurden diese Bildfindungen lange als bemühte Experimente eines alternden Stars abgetan. Die Münchner Zusammenschau vermittelt einen anderen Eindruck. Insbesondere die „Shadows“-Serie (1978– ’79) für die Warhol nur Bilder von Schatten, also buchstäblich von Nichts, reproduzierte, erscheint radikal: Im Gegensatz zu Avantgardisten, die die Idee einer reinen, „leeren“ Kunst oft prätentiös vor sich hertrugen, erreichte Warhol hier einen Nullpunkt, ohne die Medienwelt zu ignorieren.

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Das Museum kontextualisiert die Werke zum einen mit TV-Sendungen, die der Kunst-Star zu jener Zeit produzierte, Brooke Shields oder Trash-Regisseur John Waters kommen darin zu Wort. Den Kontrast bilden Bildserien, die Warhol vor seinem Tod von Kreuzen, vom „Letzten Abendmahl“ oder von Predigersprüchen („Kehrt um, und sündigt nicht mehr!“) anfertigte. Der populäre Künstler, der stets kokett auf seiner eigenen Oberflächlichkeit beharrte, nimmt in dieser Schau definitiv viele Dimensionen an.