Ein Rockstar schießt zurück
Von Michael Huber
Der Autor Honoré de Balzac vertrat die Theorie, dass dem Menschen durch jede Fotografie eine Schicht seines Körpers abgetragen wird – immer, wenn ein Foto von ihm entsteht, würde er Teile seiner Substanz verlieren.
Wäre diese Annahme richtig, müsste man sich um Lenny Kravitz ernsthaft Sorgen machen. Denn wo immer der Rockstar auftritt, folgt ihm ein Tross von handybewehrten Fans, Fotografen und Kameraleuten. Bei der Pressekonferenz und der Eröffnung der Ausstellung von Kravitz’ eigenen Fotografien in der Wiener Galerie Ostlicht (bis 22. 8.) war das nicht anders.
Nun erfreut sich Kravitz mit 51 Jahren nach wie vor guten Aussehens. Und doch sind die Bilder, die in der Galerie auch zum Verkauf stehen (je nach Format 1.500 € oder 3.500 €), als eine Art von Notwehr zu verstehen.
Lenny Kravitz als Fotograf
„Interessanter Tanz“
Eigentlich, erzählte Kravitz bei der Pressekonferenz am Montag, hätte er ja ungestört auf die Straße gehen und „die Welt“ fotografieren wollen, doch die Menschentrauben verhinderten dies. „Zuerst war ich davon frustriert, aber dann nützte ich die Gelegenheit. Es wurde ein interessanter Tanz daraus, und es begann, mir Spaß zu machen.“
Die Bilder, die Lenny Kravitz zuerst für das Fotobuch „Flash“ (teNeues Verlag, 34,90 €) und später für die gleichnamige Ausstellung selektierte, sind insofern bemerkenswert, als nur wenige Fotografen in der Lage sind, die Perspektive des Stars einzunehmen. Zudem sind die Bilder handwerklich überzeugend – „Ezzes“ holte sich der Leica-Fan und Fotosammler vom Fotografen und Regisseur Jean-Baptiste Mondino und vom Altmeister der Farbfotografie, William Eggleston.
Meist sind es Zeugnisse kurzer Blickkontakte oder aber Konfrontationen mit besonders dreisten Kamera-Menschen, die Kravitz’ Fotos ihre Pointe geben. Beim Fotografieren wie auch beim Songschreiben gehe es darum, Momente festzuhalten, sagt der Star, der sich in seinem öffentlichen Leben unentwegt an Menschenmassen vorbeibugsiert: „Danach schaue ich auf den Fotos auf die Gesichtsausdrücke und in die Augen der Leute. Sie alle haben ihre Geschichte, ihre Gefühle – und ich bekomme so zumindest eine Idee davon.“