Kultur

Ein "Figaro" wie aus dem Repertoire

Das Haus am Gürtel hat also Mozarts „Hochzeit des Figaro“ neu inszenieren lassen. Und irgendwann mittendrin, bei einem kleinen Leerlauf in den milde amüsanten Verstrickungen vor der Alte-Meister-Tapete, hat man sich dann doch gefragt: wozu?

Originell

Der Anlass zumindest ist klar: Das Bühnenbild für die geplante Wiederaufnahme war unbrauchbar geworden, Marco Arturo Marelli hat daher seine eigene Inszenierung von 1989 gegen eine neue getauscht. Ein Regisseur, der sich selbst ersetzt – das ist so eigentümlich, dass es schon fast wieder originell ist, und andererseits auch wichtig festzuhalten.
Denn wüsste man dies nicht, man wähnte sich schon bei der Premiere im feinsten, aber repertoirigsten Repertoire, wohin die Inszenierung in ihrer freundlich-konventionellen Gesamtheit nun mit viel Vehemenz strebt.
Wer Überraschungen in der Oper nicht mag, ist hier goldrichtig: Eine zeitlose Ausstattung, die so eigentlich nur auf der Opernbühne denkmöglich ist. Flott-harmloser, handwerklich perfekter Action-Dienst am Werk, darunter: kunstvoll in eine Tasche fliegende Bücher, ebenso kunstvolles Bei-der-Tür-Hereinstolpern und Im-Bett-Verstecken. Dazu noch passable Stimmen, die bei einzelnen Arien erfreulich aufzeigen. Und eine reibungslose, aber nicht glatte musikalische Umsetzung (am Pult des gut klingenden Orchesters: Dirk Kaftan).
Ergibt: einen Publikumserfolg, nah an der Stückvorlage von Beaumarchais gebaut. Anhaltender Applaus, viel Jubel danken zuletzt für Oper in zeitloser Wellness-Attitüde. Besonders gewürdigt: Jacquelyn Wagner als Gräfin, Konstantin Wolff als Graf Almaviva und Rebecca Nelsen als Susanna. Yasushi Hirano setzt als Figaro auf eine anfangs vorderhand beeindruckende Stimme, die dieses Versprechen aber nicht einhielt, und ein
Übermaß an Grimassenklamauk. Amüsant ist Stefan Cerny als Bartolo, Dorottya Láng ein eher blasser Cherubino.
Antworten auf die nagende Frage nach dem „Wozu“ finden sich in alldem aber nur recht wenige. Vielleicht hat die Volksoper einfach eine neue Kategorie erfunden: Die Repertoirepremiere? Das wäre dann zumindest irgendetwas, was diesen (deutschsprachigen) „Figaro“ spannend gemacht hätte.

KURIER-Wertung: *** von *****