Kultur

Der Kosmos von Hermann Nitsch

man soll das burgtheater schließen und die jetzt dafür verwendeten BUNDESMITTEL für die erbauung des o.m. theaters verwenden.“ Das schrieb Hermann Nitsch 1962 im „Blutorgel-Manifest“, das, zusammen mit einer gleichnamigen Aktion, als ein Zündfunke des Wiener Aktionismus gilt.

Heute, mehr als 50 Jahre später, hängt das Manifest neben dem monumentalen „Blutorgelbild“ im Nitsch-Museum Mistelbach; der Meister ist mächtig stolz auf den kirchenartigen Bau. Ebenso stolz ist er auf seine 122. Aktion, die er am 19. November 2005 abhielt – im besagten Burgtheater.

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Vielseitig

Man sieht: Das Werk des Hermann Nitsch, das seit den späten 1950ern um die Idee des „Orgien Mysterien Theaters“ kreist, ist groß und weit – und lässt unterschiedliche Überblicksausstellungen zu.

Die Retrospektive, die das Nitsch Museum unter Federführung seines neuen Leiters Michael Karrer zum 75. Geburtstag des Meisters ausgerichtet hat, mutet ein wenig wie ein persönliches Erinnerungsalbum an: Frühe Aktionsfotos sind da neben frischen Videodokumenten zu sehen, jüngste Schüttbilder neben Werken aus jener Zeit, in der sich der Nitsch-Kosmos zu formieren begann: „Brot und Wein“, ein Bild von 1960, ist das früheste Werk der Schau und ein aufschlussreicher Hinweis auf das, was noch kommen sollte.

Zusammenprall

Gehängt wurden Groß- und Kleinformate neben- und übereinander, bis auf einen chronologischen Überblicks- Raum fehlt die Museumsdidaktik. Bezeichnenderweise zeigt sich im Zusammenprall die Lebendigkeit von Nitschs Welt: Werke, die Patina angelegt haben, werden durch Jüngeres aktualisiert. „Es ist von der Hand zu weisen, dass ein Museum nur mit der Vergangenheit beschäftigt ist“, sagt Nitsch dazu.

Richtig aufleben soll die Schau am Samstag bei der Eröffnung (ab 18.30, Eintritt frei): Da werden in der Haupthalle Schüttaktionen durchgeführt, Besucher dürfen bei „Lehraktionen“ u. a. Tomaten zermantschen und jene Sinneserfahrungen machen, um die es Nitsch letztendlich geht. In den kommenden Monaten werden derlei Aktionen wiederholt.

Nitsch zum 75er

Der Künstler: Hermann Nitsch wurde am 29. 8. 1938 in Wien geboren. Er ist eine zentrale Figur des Wiener Aktionismus.

„Sinne und Sein“: Die Retrospektive wird am Samstag um 18.30 Uhr eröffnet und ist bis 31. Juli 2014 im Nitsch Museum Mistelbach zu sehen. www.nitschmuseum.at

Biennale Venedig mit Nitsch: Nitsch ist heuer im Programm des Staats Kuba (Palazzo Reale) und in der Schau „Personal Structures“ (Palazzo Bembo) vertreten (1.6.–24.11.).