Niemand verkauft zurzeit mehr CDs als Ed Sheeran. Die Fans lieben ihn, und Superstars wie Beyoncé schmücken sich geradezu mit dem bebrillten Rotschopf aus Yorkshire, obwohl der wie die Antithese eines Stars wirkt. Oder ist es gerade deshalb, WEIL Sheeran so unspektakulär ist? Die "freizeit" ist dem Geheimnis seines Erfolges auf der Spur.
Dicke Brille, rote Haare und ein bisschen moppelig. Dazu ein riesiges portweinfarbenes Muttermal im Gesicht, ein Stottern, das nicht verschwinden wollte und ein kaputtes Trommelfell, das ihn daran hinderte, je mit Freunden schwimmen zu gehen. Nein, als Kind war Ed Sheeran nicht der Coole an der Schule. „Ich war nicht beliebt, hatte kaum Freunde. Man kann sagen, die erste Hälfte meines Lebens hatte ich nicht viel Spaß“, sagt der 26-Jährige. Und: „Dafür läuft es jetzt umso besser. Und ehrlich gesagt ist es mir lieber so als umgekehrt. Die meisten der damals angesagten Kids haben’s dafür jetzt ziemlich langweilig …“
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Ed Sheeran sieht seine Kindheit dennoch positiv. Sein Vater war Uni-Lektor, nahm ihn mit auf Konzerte, zu Ausstellungen und Theateraufführungen. Seine kunstbegeisterte Mutter strickte ihm und seinem Bruder die abenteuerlichsten bunten Pullover
Englands, Fernsehen gab es nicht, nur ein paar Videokassetten mit Filmen von
Richard Attenborough. „Anders zu sein wurde für mich auf diese Weise ganz normal. Und irgendwann hatte Gott ein Einsehen, ich bekam eine Gitarre und alles wurde anders.“ Wobei, als Ed sich mit elf Jahren erstmals an
Eric Claptons „Layla“ versuchte und mit
Eminems Rap-Songs, die er auswendig lernte, endlich sein Stottern loswurde, hätte er sich wohl nicht träumen lassen, WIE anders alles werden sollte. Dass Mr.
Clapton ihn nur neun Jahre später, nach einem Fernsehauftritt bei
Jools Holland, kontaktieren würde, um mit ihm Gitarre zu spielen. Dass
Jamie Foxx ihn in sein Haus in
L.A. einladen und sein Studio für Aufnahmen zur Verfügung stellen würde. Dass er mit
Jay Z und Beyoncé auf ein paar Burger gehen könnte, nachdem er gemeinsam mit „Queen B“ auf der Bühne gestanden war. Ist aber inzwischen alles so passiert – und ein Ende des Erfolgslaufs ist nicht in Sicht, immerhin gelang ihm nach Veröffentlichung seiner neuesten CD das Kunststück, mit neun
Songs in den Top 10 der britischen Charts vertreten zu sein.
Ein veritabler Superstar, sogar einer von den supersten. Dass
Sheeran, wenn er von seinen Begegnungen mit Beyoncé & Co oder seiner Verehrung für
Rihanna spricht, ganz glaubwürdig begeistert klingt, fast so als wäre er selbst ein Fan, könnte ganz gut eines der Geheimnisse seines unglaublichen Erfolges sein. Er sieht nicht beneidenswert gut aus, er wirkt immer ein wenig linkisch, beinahe deplatziert im Scheinwerferlicht – er ist wie einer von uns, der es gerade erst geschafft hat. Und dem man das alles ohne jede Einschränkung gönnt. Diese entwaffnende Bodenständigkeit wäre natürlich nichts ohne seine mehr als solide Musikalität. Als 16-Jähriger zog
Sheeran mit Erlaubnis der Eltern nach
London. Hat auf der Straße gespielt und in Pubs, hunderte Auftritte vor Menschen, die nicht gekommen sind, um Fehler zu verzeihen. Das harte Brot. Das im Bestfall auch einen richtig guten Musiker aus einem macht.
Sheeran spielt alles, Coverversionen, eigene
Songs, gemeinsam mit Rockern, Hip-Hoppern, Elektronikern. Und alles fließt in seine Musik ein. Wenn er grad nicht auftritt, übt er, tüftelt an Möglichkeiten, seinen Sound, seine
Songs ganz allein auf die Bühne zu bringen.
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Und:
Ed Sheeran ist stur. Nach seinem ersten Hit „The A Team“ (2010) wollen ihn die Veranstalter nur noch als Songwriter buchen. „Niemand will einen rothaarigen Weißen rappen hören“, sagen sie. „Das ist mir zu langweilig“, sagt
Sheeran und geht nach
Los Angeles, fängt nochmal von vorne an. Dutzende kleine Clubs, kaum Geld, dieselbe Ochsentour wie in
London.
Jamie Foxx hört von diesem schrägen weißen Kid mit dem roten Haarschopf, ist begeistert und lädt ihn ins Studio ein. Fünf Jahre später füllt
Ed Sheeran das
Wembley Stadion in
London an drei Tagen hintereinander. 240.000 Zuschauer. Als Songwriter wäre ihm das nicht gelungen. Aber er hat immerhin sehr früh gelernt, anders zu sein, unabhängig.
Vielleicht war ja diese „erste Hälfte seines Lebens“ seine allerwichtigste Lektion ...
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ED, BEYONCÉ & GARY CLARK JR.:
Master Blaster / Higher Ground– Laut eigener Aussage DER Moment in
Ed Sheerans bisherigem Leben.
ED, JIMMY FALLON & THE ROOTS: Shape Of You (on classroom instruments) – Sein aktueller Hit in einer unglaublichen Version ...
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ED & TAYLOR SWIFT:
Everything Has Changed– Ja doch, an einem der schönsten
Taylor Swift-Songs war er auch beteiligt.
ED & WILEY: You – Das Milchbubi und der böse Rap/Grime-Star. Starkes Team.
ED & ERIC CLAPTON: I Will Be There – „Er ist ein durch und durch großartiger Mann. Und bringt mir noch immer sehr viel bei“, sagt Ed über „Mr. Slowhand“, der ihn vor 15 Jahren dazu brachte, Gitarre zu lernen.
ED & ELTON JOHN: Don’t Go Breaking My Heart – Sir Elton war einer der ersten Ed Sheeran-Fans in England.
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ED & JOHN MAYER:
Don’t – Mit Johns Falsett und Gitarre kommt der
Song noch besser. Die beiden harmonieren grandios. Wer war übrigens damals gerade mit
Taylor Swift zusammen. John? Ed? Beide?!
ED & BEYONCÉ: Drunk In Love – Die Chemie zwischen den beiden stimmt einfach.
ED & GAME OF THRONES: tba – Sheeran ist ein riesen Fan der Serie. „Arya Stark“ (Maysie Williams) ein Riesen Sheeran-Fan. In der nächsten Staffel spielt er mit. Singt er auch? Wahrscheinlich. Mit wem? Ab Juli wissen wir mehr ...
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Sitzt man
Ed Sheeran gegenüber, vergisst man schnell, dass man gerade mit dem angesagtesten Popstar unserer Zeit spricht. Während viele seiner Kollegen um ein besonders cooles Image bemüht sind, sitzt da der nette Kerl von der Nebenstiege. Ein junger Engländer mit Nullfrisur, schiefer Brille und Schlabberpulli, der sich über seinen riesigen Erfolg zwar glaubhaft freut, gegen die Verlockungen des Ruhms aber völlig immun zu sein scheint. Und ich glaube genau das, gekoppelt mit seinem enormen Talent als Songwriter, ist der Grund, warum er dort angekommen ist, wo er ist. Der ist einfach „echt“.
Millionen Alben hat Sheeran verkauft und sein Geld durchaus gut in Immobilien in mehreren Ländern angelegt. (Er möchte sich übrigens auch bald in Österreich etwas zulegen und sagt: „Ich liebe das Bier und das Essen.“) Sein Lebensmittelpunkt ist dennoch in Framlingham, Suffolk, dem gleichen 3,500 Einwohner kleinen Städtchen, in dem er aufgewachsen ist. „Dort kann ich in Ruhe spazieren gehen. Das geht in London nicht.“
Sheeran ist ein gern gesehener Gast auf den Partys der internationalen Hautevolee. Seine Lebensgefährtin Cherry kennt er aber noch aus der Schule. Skandale, Affären? Da kann man tief graben und am Ende doch nix finden. Die beiden haben sich gerade ein paar Katzen zugelegt. Als Testballon für Kinder. „Ich würde mich dann aber 5 oder 6 Jahre aus dem Musikgeschäft zurückziehen, um bei den Kindern zu sein. Finanziell würde sich das ausgehen“. Klingt eigentlich alles sehr einfach – und ist es für Ed wahrscheinlich auch.