Kultur

Dylan Thomas: Woran soll sich ein Dichter berauschen?

Fragt man die Leute in seinem walisischen Heimatort Swansea nach dem weltberühmten Sohn, so tun ihn immer noch viele als "Dorfsäufer" ab.

Dylan Thomas (1914– 1953) hat sich sehr um diesen Ruf bemüht. Angeblich waren seine letzten Worte: "Ich hatte gerade 18 Whisky. Ich denke, das ist Rekord."

Danach fiel er während einer New-York-Reise ins Koma und wachte nicht mehr auf. 39 war er.

Der aus Ostdeutschland stammende Bachmann-Preisträger Peter Wawerzinek fühlt sich mit dieser Naturgewalt von einem Dichter "verflochten" (ohne sich mit ihm vergleichen bzw. messen zu wollen).

Auch er – siehe Roman "Schluckspecht" – ist ein Trinker, der sich aber jetzt besser unter Kontrolle hat, mit maximal drei Drinks pro Tag (wie er sagt).

Wenn er auf Spurensuche in dessen Heimat geht, läuft er sich selbst über den Weg.

Dass Wawerzinek dem Waliser ins Grab nachruft, er hätte sich lieber von der Landschaft berauschen lassen sollen, klingt ein bisschen billig.

Dylan Thomas hätte angesichts von Himmelblau und Schmetterlingsgelb wohl schwer dichten können:

"Geh nicht gelassen in die gute Nacht, / Brenn, Alter, rase, wenn die Dämmerung lauert; / Im Sterbelicht sei doppelt zornentfacht",

Richard Burton hatte sich gewünscht, man möge zu seinem Begräbnis (1984) dieses Gedicht vorlesen ...

Fliegende Fische

Elke Heidenreich, die ebenfalls wegen Dylan Thomas in Wales unterwegs war, sah in den so rhythmischen, oft verwirrenden Gedichten einen "Teppich aus Farben, Wörtern, Assoziationen".

Peter Wawerzinek meint, die Verse seien "fliegende Fische" ... "wenn sie auftauchen und über das Wasser schießen."

Er duzt Dylan Thomas, nennt ihn im Buch beim Vornamen, redet mit ihm – auch über seine eigene Angst vor Hunden und vor dem Bauchspeicheldrüsenkrebs redet er mit ihm.

"Ich – Dylan – Ich" ist sehr intim. Manchmal genießt man das, und manchmal will man gar nicht stören ...


Peter
Wawerzinek
:
„Ich – Dylan – Ich“, Verlag
Wortreich.
160 Seiten.
19,90 Euro.