Kultur

Düster, morbid und zerbrechlich – wie die Gedanken der Nacht

"Es ist ein bisschen wie Ben Hur – von biblischer Größe", scherzt Brett Anderson, Sänger von Suede. Aber ganz falsch ist diese Beschreibung von "Night Thoughts", der neuen CD der Briten nicht.

Mit oft epischen Arrangements rund um poppige, vorwärts drängende Gitarrenriffs und Andersons Stimme, die auch in den Höhen noch genauso klar und kräftig wie anno dazumal klingt, schließen Suede damit an ihren Klassiker "Dog Man Star" an.

"Night Thoughts" hat allerdings noch eine zweite Dimension. Denn Suede haben dieses neue Werk verfilmt, spielen es bei Auftritten zur Gänze durch – während auf einer Leinwand der Film läuft.

"Die Idee dazu entstand aus dem Wunsch, keine Videos machen zu müssen", erklärt Anderson. " Denn das Album wurde so konzipiert, dass es am besten ist, wenn man es in einem durchhört. Und dann hätten wir Videos drehen sollen – und alles wieder zerstückeln? Also dachten wir an ein Video, das über die Albumlänge geht – und das ist dann ein Film!"

Heiterkeit

Gedreht haben Suede diesen Film mit Regisseur Roger Sargent. Der hat das Album düster und morbid visualisiert, sogar den Tod eines Kindes eingebaut. "Das war im Film notwendig, damit er funktioniert – um den Leuten verständlich zu machen, warum das Leben des Protagonisten zerbricht", sagt Anderson. "Aber die Songs an sich sind nicht so morbid." In denen, erklärt er weiter, gehe es um Jugend und das Altern, Geburt und Tod – manchmal aus einer düsteren Perspektive, manchmal aber auch mit Heiterkeit.

Häufig geht es auch um das Thema Familie: "Ich bin Vater geworden und dieses Klischee, dass das alles verändert, ist absolut wahr. Mir gab es das Gefühl, dass die Welt stehen bleibt. Wenn man sich um jemand anderen sorgt, nicht mehr um sich selbst, sieht man die Existenz als prekär. Man sieht das Leben als sehr fragile Sache. Das ist sicher die Hauptinspiration für ,Night Thoughts’. Ich habe so lange Songs über romantische Beziehungen geschrieben. Da ist es schon gut, dass mir die Vaterschaft jetzt neue Inspiration eröffnet hat."

Der Album-Titel "Night Thoughts" entspringt aber schon einer eher düsteren Idee. Anderson hat ihn gewählt, weil die Nacht die Menschen auf ihre instinktive, ursprüngliche Existenz zurückwirft: "Das ist die Zeit in der man Angst bekommt", erklärt er. "Diese Momente um vier Uhr früh, wenn einem alles schrecklich erscheint. Die Momente, wo einem das Leben so zerbrechlich und bedrohlich vorkommt. Auf derlei paranoide Gedanken bezieht sich dieses Album."