Kultur

Die verlorene Kindheit in Tschechien

Herr Fritschka war der wichtigste Mann im Ort. Er ging trommelnd durch die Straßen und verlas Neuigkeiten. Zum Beispiel, dass das Schwimmbad nächste Woche öffnet und folglich der Sommer beginnt. Dass Hitler in Österreich einmarschierte und auch in Böhmen niemand mehr bei Juden einkaufen darf, hat er nicht getrommelt. Das wurde mit Fäusten verkündet.

Glück?

Ilse Tielschs Werk dreht sich um das Verlorene ihrer Kindheit und um den Hass und die Intoleranz zwischen Völkern, die damit verbunden waren: Geboren in Tschechien, in Auspitz/Hustopece, war sie 1938 neun Jahre alt; und verwirrt, weil die Deutschen die zweite Geige spielten, wie ihr Vater sagte, und dann, als Hitler da war – und dann: War denn das dann Glück für sie?

"Das letzte Jahr", erstmals 1996 veröffentlicht, ist der Versuch, das damalige Chaos in einem Kind einzufangen, das träumen wollte, Trapperin in Amerika zu werden, während Schulkolleginnen von einem Tag auf den anderen verschwanden.

Ilse Tielsch:
„Das letzte
Jahr“
Edition Atelier.
152 Seiten.
18 Euro.

KURIER-Wertung: ****