Die neue Freundlichkeit im Casting-TV
Von Anna Gasteiger
Bohlen war einmal. Der Trend, Kandidaten in Castingshows zu demütigen, ging zuletzt immer mehr zurück. Und Fernsehmacher stellten staunend fest: Man kann nett sein zu den Leuten und trotzdem Quote machen. Pionier dieser neuen Freundlichkeit war die Show "X-Factor", deren dritte Staffel derzeit auf VOX läuft: Hauptjurorin Sarah Connor gibt da die besorgte Mentorin, nicht die boshafte Besserwisserin.
Ähnlich funktioniert "The Voice Of Germany", das neueste internationale Showphänomen, das bei seinem Deutschland-Debüt letzten Herbst sogar verbitterte Castingshowhasser begeisterte.
Begeisterung
Der Trick: Die Juroren – Nena, Xavier Naidoo, Rea Garvey und die Band The BossHoss (Alec Völkel und Sascha Vollmer) – haben den Kandidaten beim Singen den Rücken zugewandt. Nur, wenn sie bereit sind, ihn oder sie in ihr Team aufzunehmen, dürfen sie sich umdrehen. Ein übergewichtiges Stimmwunder kann also maximale Zustimmung bekommen – und so manche Schönheit scheiterte schon tränenreich an mangelnder Begabung. Das Motto der Jury ist Empathie und Begeisterung. Aufspringen und Mittanzen erlaubt. Es war diesen "Blind Auditions" zu verdanken, dass die Quoten insgesamt so gut ausfielen; bei den anschließenden Live-Shows nahm das Zuschauerinteresse wieder ab. In Deutschland erreichte die erste Staffel von "The Voice", wie die Sendung abgekürzt wird, in der werberelevanten Zielgruppe insgesamt 24,3 Prozent Marktanteil. In Österreich hatte das Finale auf Sat.1186.000 Zuschauer (14,1 Prozent bei 12- bis 49-Jährigen).
Am freundlichen Umgang mit den Kandidaten wolle man auch in der zweiten Staffel festhalten, sagte ProSieben-Geschäftsführer Wolfgang Link gegenüber der Deutschen Presseagentur. Neu ist, dass noch mehr "gebattelt" werden soll. Als Moderator fungiert "Verbotene Liebe"-Schauspieler Thore Schölermann, die Österreicherin Doris Golpashin ist Backstagereporterin.
Apropos Österreich. Pläne des ORF, das Format ebenfalls zu übernehmen, scheiterten: zu teuer.