Die im Schatten der globalen Juke-Box sieht man nicht
Streaming-Dienste haben klingende Namen wie Spotify Pandora, Napster, Soundcloud, Simfy, Deezer, Juke, Rara ...
Sie sind für alle großartig, die sich die Welt der Musik auf die Ohren holen wollen. Aber die grundlegenden Probleme der Kulturwelt werden dadurch nicht gelöst. Denn von der All-you-can-eat-Mentalität mit einer Flat rate in Höhe einer Kinokarte profitieren vor allem die großen Namen des Mainstream-Pop.
"Voll in die Fresse trifft das natürlich die Musikschaffenden abseits der Bestseller-Titel, die nicht mehr dauerhaft in den Top 10 sind", sagt Harald Tautscher von Lotus Records. Und Genres wie Jazz, Klassik oder World Music. "Wenn der Konsument für das gesamte Universum der Musik nicht einmal mehr so viel wie die ORF-Gebühr zahlt, dann ist das der Tod der Kreativität."
Kurve gekratzt
Streaming, also das direkte Abspielen von Songs im Netz, mit einer Abrechnung nach Clicks bedeutet für den CD-Händler, dass "immer weniger Leute immer mehr vom großen Kuchen bekommen. Und die Musikindustrie, die in den letzten 50 Jahren alles falsch gemacht hat", so Tautscher, "hat mit ihrem Vertrieb über Streamingdienste noch einmal die Kurve gekratzt."
Kürzlich gab Spotify bekannt, zehn Millionen zahlende Nutzer zu haben. Insgesamt verwenden 40 Millionen Anwender in 56 Ländern den Dienst. Top unter den gestreamten Künstlern ist Eminem, gefolgt von David Guetta. Unter den Künstlerinnen sind Rihanna und Katy Perry am gefragtesten.
Im Gegensatz zum Download ist die Idee des Streams nicht der Besitz einzelner MP3s, sondern der ständige Zugang zur unerschöpflichen Musik der Welt. Via PC, Smartphone oder Tablet kann wer will online auf Millionen Titel zugreifen.
Aber Thom Yorke boykottiert mittlerweile das Spotify-Modell: Der Radiohead-Sänger ließ u. a. sein Soloalbum "The Eraser" für Zugriffe sperren. Aus Protest.
"Macht keinen Fehler", twitterte er. "Neue Künstler, die ihr auf Spotify entdeckt, werden nicht bezahlt." Streaming-Befürworter meinen hingegen: Spotify bezahle nicht die Künstler, sondern die RechteInhaber, also die Verwertungsindustrie. Wer zu wenig Geld bekomme, solle seine Plattenfirma verklagen. Was Künstler wie die Allman Brothers, die Temptations u.a. tatsächlich tun.
Auch der Musikproduzent Manfred Eicher vom Münchner ECM-Label verweigert sich konsequent der Streaming-Technik, weil er "nicht will, dass seine Musik häppchenweise konsumiert wird". ECM hat einen schönen Werbeslogan: "Nur die Stille ist schöner als Musik von Chick Corea, György Kurtág oder Bach". Manchmal ist Stille auch einträglicher, wie ein Kuriosum zeigt. So hat die US-Band Vulfpeck ein Album namens "Sleepify" bei Spotify hochgeladen. Darauf zu hören ist: nichts.
Stille. Das leiseste Album, das jemals aufgenommen wurde, gedacht zum Einschlafen, brachte der Band 20.000 Dollar ein.