Kultur

Die Frau Eulenspiegel des Kunstbetriebs

Diese Kurven sind sanft, aber in ihrem riesigen Maßstab auch sehr sinnlich... Sie könnten das Verlangen verspüren, sie selbst zu berühren...“

Dieser Text stammt nicht aus einem drittklassigen Softporno-Roman, sondern aus dem offiziellen Audioguide des Guggenheim Museums in Bilbao, dem weltbekannten Bau des Star-Architekten Frank O. Gehry. 2001 nahm die US-amerikanische Künstlerin Andrea Fraser den Museumsführer zur Hand, um sich dann – von einer versteckten Kamera gefilmt – an den gerundeten Säulen im Atrium des Bauwerks so lange zu räkeln, bis Publikum und Security-Kräfte auf sie aufmerksam wurden.

Der Kunstwelt den Spiegel vorzuhalten, ist der Kern der Arbeit der 1965 geborenen Künstlerin, die nun im Museum der Moderne (MdM) am Salzburger Mönchsberg mit einer umfassenden Werkschau geehrt wird (bis 5.7.). Manchmal – wie etwa im Video „Little Frank and His Carp“ – sind diese Eulenspiegeleien so witzig und herzerfrischend, dass es zum lauten Loslachen reizt; Fraser, die sich in vielen Videos selbst in Szene setzt, überzeugt nämlich auch als Schauspielerin.

Die Kritik an den Verbindungen zwischen Kunst, Kapital und Herrschaft hat Fraser aber auch in unzähligen theoretischen Texten formuliert; sie gilt als zentrale Figur der so genannten „Institutionskritik“, die sich in den 1980er Jahren formierte.

Text & Aktion

Dass Originale jener Magazine, in denen Frasers Texte erstmals publiziert wurden, als wandfüllende Exponate herhalten müssen, gehört zu den weniger ansprechenden Aspekten der Salzburger Schau; da die meisten Werke online zu finden sind, ist die Vertiefung in die Schriften aber rasch möglich, oft führen QR-Codes direkt hin.

Manche Werke sind sehr spezifisch auf das US-Kunstsystem zugeschnitten, Performances wie „May I Help You“ (1991) und „Official Welcome“ (2001), in denen Fraser subtil wie bissig die Rhetorik von Galerie-Mitarbeiterinnen und Vernissage-Eröffnungsrednern aufs Korn nimmt, dürften aber universelle Gültigkeit besitzen.

In Österreich war Fraser oft präsent, sie vertrat das Land 1993 – auf Einladung von Peter Weibel – sogar auf der Venedig-Biennale, gemeinsam mit Gerwald Rockenschaub und Christian Philipp Müller. Dazu arbeitete sie immer wieder für die Generali Foundation, deren Gründungsdirektorin Sabine Breitwieser nun als Chefin des MdM den „Abzug“ der Generali-Sammlung nach Salzburg einfädelte.

Kritik an Generali-Umzug "heuchlerisch"

In einem Interview im Katalog zur Schau nennt Fraser den Widerstand dagegen übrigens „heuchlerisch“: „Diese Kritik ist als Kritik der Privatisierung und des Mäzenatentums von Firmen formuliert, impliziert aber eine Verteidigung des früheren Status der Firmen-Sammlung“, sagt die Künstlerin. „Aus meiner Sicht ist jede Bewegung vom privaten Sektor in Richtung des öffentlichen Sektors eine positive Entwicklung.“