Die Bogenschützen im Prater waren lästig
Von Peter Pisa
Ilija Trojanow wird nichts gegen die Feststellung haben:
Man hat mehr davon, wenn man selber boxt und läuft, über Hürden springt und radelt, schwimmt und fechtet, auf Wurfscheiben schießt usw.
Das will der aus Bulgarien stammende, in Wien manchmal zur Ruhe kommende Schriftsteller ja erreichen:
Dass der Sport in seiner großen Vielfalt den Dilettanten gehört – in der ursprünglichen Bedeutung: Man ist Liebhaber, man erfreut sich und hat kein Problem, als Letzter ins Ziel zu kommen.
Insofern ist Ilia Trojanows großes Thema, der Widerstand, auch in "Meine Olympiade" präsent.
Schlechter Mensch
Denn zwar bewundert er die individuellen Leistungen. Aber seine Abneigung gegenüber dem hochgezüchteten Leistungssport ist groß.
Auch wegen Betrug und Korruption.
Vor allem, weil Sport auf das Belanglose reduziert wird – auf Sieg und Trophäe.
Dem Buch ist eine Weisheit der Lakota-Indianer vorangestellt: "Wer drei Mal hintereinander gewinnt, ist ein schlechter Mensch."
Jetzt ist wirklich höchste Zeit für den Hinweis: "Meine Olympiade" erzählt von Trojanows vier Jahren, in denen er 80 Disziplinen der Sommerspiele trainierte (denn man isst ja auch nicht jeden Tag das gleiche).
In Brooklyn Boxen, in Tokio Judo, in Berlin Turmspringen ... Danach nahm er an Wettkämpfen teil bzw. simulierte sie.
Entdecke dich selbst, sei glücklich dabei – und lache.
Selbstironie wird großgeschrieben. Muss wohl sein, wenn Trojanow – im August wird er 51 Jahre alt– den Speer 18 Meter weit wirft, sehr beachtlich, aber es der Olympiasieger von 2012 auf 84,58 m brachte.
Die Bogenschützen im Prater waren beim Üben am lästigsten. Sie maßregelten, korrigierten, die Kompetenz von Trojanows Trainer wurde in Frage gestellt.
Von Klugscheißern umringt, ist es ganz besonders schwierig, das oberste Gebot beim Schießen einzuhalten und alles Persönliche auszuschalten.
Ilija Trojanow:
„Meine Olympiade“
S. Fischer Verlag.
336 Seiten.
22,70 Euro.